e Flamme des Mitleids auszubrechen;
ebendiese Liebe ist es, welche Aristoteles unter dem Namen der Philanthropie
verstehet. Wir haben recht, wenn wir sie mit unter dem Namen des Mitleids
begreifen. Aber Aristoteles hatte auch nicht unrecht, wenn er ihr einen
eigenen Namen gab, um sie, wie gesagt, von dem hoechsten Grade der
mitleidigen Empfindungen, in welchem sie, durch die Dazukunft einer
wahrscheinlichen Furcht fuer uns selbst, Affekt werden, zu
unterscheiden.
Siebenundsiebzigstes Stueck
Den 26. Januar 1768
Einem Einwurfe ist hier noch vorzukommen. Wenn Aristoteles diesen Begriff
von dem Affekte des Mitleids hatte, dass er notwendig mit der Furcht fuer
uns selbst verknuepft sein muesse: was war es noetig, der Furcht noch
insbesondere zu erwaehnen? Das Wort Mitleid schloss sie schon in sich, und
es waere genug gewesen, wenn er bloss gesagt haette: die Tragoedie soll durch
Erregung des Mitleids die Reinigung unserer Leidenschaft bewirken. Denn
der Zusatz der Furcht sagt nichts mehr, und macht das, was er sagen soll,
noch dazu schwankend und ungewiss.
Ich antworte: wenn Aristoteles uns bloss haette lehren wollen, welche
Leidenschaften die Tragoedie erregen koenne und solle, so wuerde er sich den
Zusatz der Furcht allerdings haben ersparen koennen, und ohne Zweifel sich
wirklich ersparet haben; denn nie war ein Philosoph ein groesserer
Wortsparer als er. Aber er wollte uns zugleich lehren, welche
Leidenschaften, durch die in der Tragoedie erregten, in uns gereiniget
werden sollten; und in dieser Absicht musste er der Furcht insbesondere
gedenken. Denn obschon, nach ihm, der Affekt des Mitleids weder in noch
ausser dem Theater ohne Furcht fuer uns selbst sein kann; ob sie schon ein
notwendiges Ingrediens des Mitleids ist: so gilt dieses doch nicht auch
umgekehrt, und das Mitleid fuer andere ist kein Ingrediens der Furcht fuer
uns selbst. Sobald die Tragoedie aus ist, hoeret unser Mitleid auf, und
nichts bleibt von allen den empfundenen Regungen in uns zurueck als die
wahrscheinliche Furcht, die uns das bemitleidete Uebel fuer uns selbst
schoepfen lassen. Diese nehmen wir mit; und so wie sie, als Ingrediens des
Mitleids, das Mitleid reinigen helfen, so hilft sie nun auch, als eine
vor sich fortdauernde Leidenschaft, sich selbst reinigen. Folglich, um
anzuzeigen, dass sie dieses tun koenne und wirklich tue, fand es
Aristoteles fuer noetig, ihrer insbesondere zu gedenken.
Es ist unstreitig, dass Aristoteles ueb
|