elesen und besser
verstanden, als Voltaire. Doch es ist ja von keinem verlornen Stuecke die
Rede; es ist noch da; man lese selbst.
Nachdem Micio den Demea durch die triftigsten Vorstellungen zu
besaenftigen gesucht, bittet er ihn, wenigstens auf heute sich seines
Aergernisses zu entschlagen, wenigstens heute lustig zu sein. Endlich
bringt er ihn auch so weit; heute will Demea alles gut sein lassen; aber
morgen, bei frueher Tageszeit, muss der Sohn wieder mit ihm aufs Land; da
will er ihn nicht gelinder halten, da will er es wieder mit ihm anfangen,
wo er es heute gelassen hat; die Saengerin, die diesem der Vetter gekauft,
will er zwar mitnehmen, denn es ist doch immer eine Sklavin mehr, und
eine, die ihm nichts kostet; aber zu singen wird sie nicht viel bekommen,
sie soll kochen und backen. In der darauffolgenden vierten Szene des
fuenften Akts, wo Demea allein ist, scheint es zwar, wenn man seine Worte
nur so obenhin nimmt, als ob er voellig von seiner alten Denkungsart
abgehen und nach den Grundsaetzen des Micio zu handeln anfangen wolle.[1]
Doch die Folge zeigt es, dass man alles das nur von dem heutigen Zwange,
den er sich antun soll, verstehen muss. Denn auch diesen Zwang weiss er
hernach so zu nutzen, dass er zu der foermlichsten haemischsten Verspottung
seines gefaelligen Bruders ausschlaegt. Er stellt sich lustig, um die
andern wahre Ausschweifungen und Tollheiten begehen zu lassen; er macht
in dem verbindlichsten Tone die bittersten Vorwuerfe; er wird nicht
freigebig, sondern er spielt den Verschwender; und wohl zu merken, weder
von dem Seinigen, noch in einer andern Absicht, als um alles, was er
Verschwenden nennt, laecherlich zu machen. Dieses erhellet unwider-
sprechlich aus dem, was er dem Micio antwortet, der sich durch den
Anschein betriegen laesst, und ihn wirklich veraendert glaubt.[2] Hic
ostendit Terentius, sagt Donatus, magis Demeam simulasse mutatos mores,
quam mutavisse.
Ich will aber nicht hoffen, dass der Herr von Voltaire meinet, selbst
diese Verstellung laufe wider den Charakter des Demea, der vorher nichts
als geschmaelt und gepoltert habe: denn eine solche Verstellung erfodere
mehr Gelassenheit und Kaelte, als man dem Demea zutrauen duerfe. Auch
hierin ist Terenz ohne Tadel, und er hat alles so vortrefflich
motivieret, bei jedem Schritte Natur und Wahrheit so genau beobachtet,
bei dem geringsten Uebergange so feine Schattierungen in acht genommen,
dass man nicht aufhoeren kann, ihn zu bewu
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