er es anstellen solle,
die Zuegel der Pferde, von denen eines sehr unruhig war, nicht loszulassen
und doch an das Tor zu klopfen.
So schrie er: "Es ist zu! Es ist zu! Bitte, machen Sie gefaelligst auf!"
und es klang wie ein jammernder Hilferuf. Die Leute, die noch im Hofe
waren, lachten, und niemand dachte daran, Piesecke in seiner Not
beizustehen. Da eilte die kleine braune Anneliese ueber den Hof und
versuchte das schwere Tor zu oeffnen. Ich half ihr dabei, und ich sah zum
erstenmal, wie reizend dieses Maedchen war. Wie eine suesse, junge, rote
Rose! Ihre Sternenaugen gruessten mich wieder so freundlich, und ich
glaubte, zu ihrem Herzen wuerde ich den Weg wohl leichter finden als zum
Herzen dieser stolzen Eva. Und sah doch wieder zu dieser Eva hin.
Nun sollte zur Abendmahlzeit gerufen werden. In anderen Hoefen geschah das
durch eine Glocke. Hier im Forellenhof trat Emmerich mit seiner Leibgarde
auf. Vier Mann, zwei mit Becken, einer mit einer Trommel, einer mit einer
Pauke. Dieser Tischruf war so gewaltig, dass die Leute drunten in
Waltersburg wussten, wann im Forellenhof gegessen wurde. Damit aber auch
der lyrische Teil dieser Emmerichschen Kunstleistung nicht fehle, wurde
ein Kanon gesungen, den Emmerich gedichtet und komponiert hatte:
"Lobt den Herrn, hat's zu bedeuten,
Wenn zur Ruh die Glocken laeuten,
Doch dabei nicht zu vergessen,
Kommt zum Essen! Kommt! Kommt!"
Die vier Saenger sangen diesen Kanon mit tiefem Gefuehl. Bald sammelten sich
die Abendgaeste an der grossen Tafel im Garten. Emil Barthel sass an der
Spitze und praesidierte. Es gab Bratkartoffeln, Milch, Weisskaese, Butter und
Brot, gruenen Salat, frische Kirschen und Haselnuesse. Dieses Abend-"Menu"
habe ich glatt von Lahmann im "Weissen Hirsch" uebernommen, weil es kein
besseres gibt.
Piesecke behauptete, wenn er Milch, Kirschen, gruenen Kopfsalat und
Weisskaese zusammen aesse, bekaeme er auch zusammen die Ruhr, den Typhus und
die Cholera. Er war deshalb mit noch einem anderen Kurgast an einen
Extratisch gesetzt und bekam besondere Kost. Nach vierzehn Tagen, als
Piesecke sah, dass die Gaeste am "Normaltisch" sich sehr wohl fuehlten, wurde
er seiner Einsamkeit ueberdruessig und verlangte zu den anderen.
Ich ass an diesem Abend mit im Forellenhof, und ich hatte grosse Freude, zu
sehen, wie herrlich es den Leuten schmeckte. Auch die Tischgespraeche, die
gefuehrt wurden, gefielen mir. Weit weg war alles gespreizte, verlogene
Getue, w
|