d das ganz anders sein. Keiner wird
den andern kennen. Da wird keine Befangenheit, keine Aengstlichkeit,
sondern ein Mut zur Offenherzigkeit sein, der unerhoert ist in der Welt.
Die Menschen werden Wahrheiten hoeren, die sie niemals vernaehmen, wenn sie
ihren Namen und Stand sagten, sie werden aber auch ihre Meinung sagen
duerfen in einer Weise, die niemals moeglich waere, wenn sie ihre wirkliche
Persoenlichkeit dafuer einsetzen muessten."
"Ach ja", seufzte Eva Bunkert, "die groebsten und ruecksichtslosesten
Rezensenten sind die anonymen oder pseudonymen."
"Der Friede dieses Ortes wird alle Schaerfe mildern, wird aus der
Ruecksichtslosigkeit wohltuende Offenheit, aus aetzender Grobheit klare
Wahrheit werden lassen."
"Sie meinen es gut mit den Menschen", sagte geruehrt die kleine Anneliese
und sah mich mit ihren grossen, braunen Augen dankbar an.
Ich aber - ich weiss nicht warum - schaute nach der schoenen Blonden hin.
Ich glaube, ich erwartete eine neue Bemerkung von ihr. Aber sie schwieg.
Die Maedchen blieben im Forellenhofe.
Ich habe vor Monatsfrist im Rathaus Quartier bezogen. Lange schaute ich
auf den Lindenplatz hinab. Der Mondschein spielte um den alten Baum. Ich
dachte an vielerlei, viel an Eva Bunkert, aber noch mehr gruebelte ich ueber
der Frage: War er's? War er's nicht?
Am uebernaechsten Morgen erhielt ich zwei Briefe, die ganz dieselbe
Handschrift aufwiesen. Der eine Brief war von Stefenson und kam aus
Milwaukee; er enthielt allerhand geschaeftliche Weisungen sowie die
Mitteilung, dass er, Stefenson, wahrscheinlich erst im Sommer nach Europa
zurueckkehren koenne. Der andere Brief war von Mister Brown, trug den
Poststempel Hamburg und meldete, dass der Journalist im Begriff stehe, nach
Amerika zurueckzukehren, sich noch einmal fuer die freundliche Aufnahme
bedanke und inzwischen unseren Prospekt mit Interesse gelesen habe.
Ich verglich die beiden Briefe wieder und wieder. Die Schriftzeichen
glichen sich ausserordentlich. Haette man je einen der grossen geschwungenen
Buchstaben aus den Briefen ausgeschnitten, man haette eine Kongruenz
feststellen koennen.
Da sagte ich, der Erfinder der Idee von den Ferien vom Ich, zu mir selbst:
"Ach, es ist doch gut, wenn man weiss, mit wem man es zu tun hat!"
DIE ERSTEN KURGAeSTE
Am 1. Mai ist unsere Heilanstalt eroeffnet worden. Die Feier war schlicht.
Lehrer Herder hatte es sich nicht nehmen lassen, wieder ein Me
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