stimmend den Kopf und, indem er eine grosse
Papierscheere ergriff und dieselbe spielend in der Hand bewegte, sagte
er im hoeflichsten Ton einer gleichgueltigen Conversation:
"Die Regierung Ihrer Majestaet ist in diesem Bestreben vollkommen von
denselben Wuenschen geleitet, welche auch uns beseelen und welche wohl,
wie ich glaube, von allen Cabinetten Europas getheilt werden. Ich freue
mich, von Neuem zu constatiren, dass gerade durch diese allseitigen
Wuensche die beste Garantie fuer die Erhaltung des europaeischen Friedens
gewaehrt wird."
Lord Loftus schien ein wenig decontenancirt.
"Die guten Wuensche aller europaeischen Regierungen," sagte er, "sind
gewiss eine ganz vortreffliche Garantie des Friedens. Indessen," fuhr er
ein wenig zoegernd fort, "um eine wirklich praktische und vor allen
Dingen dauernde Basis fuer die internationale Ruhe und Stabilitaet zu
schaffen, wird es vor Allem noch noethig sein, concrete Gruende
gegenseitigen Misstrauens und gegenseitiger Besorgnisse zu beseitigen."
"Ich wuesste in der That nicht," sagte Graf Bismarck, den Botschafter wie
erstaunt anblickend, "dass in diesem Augenblick irgend welche Fragen
bestaenden, welche dem Frieden auch nur die entfernteste Gefahr zu
bringen vermoechten. Ueberall ist die tiefste Ruhe, ich kann Sie
versichern, dass wir wenigstens mit keinem europaeischen Cabinet in
Eroerterungen stehen, welche bedenkliche und kritische Punkte beruehren."
"Ich hatte bei meiner Bemerkung von vorhin," erwiderte Lord Loftus,
"auch weniger diplomatische Fragen im Sinne, welche gegenwaertig zur
Eroerterung staenden und zu Differenzen fuehren koennten, ich dachte
vielmehr an thatsaechliche Verhaeltnisse, welche vielleicht weniger ein
Grund, als ein Ausdruck gegenseitigen Misstrauens sind und deren
Beseitigung im Interesse der ruhigen Entwickelung der Zukunft Europas
liegen moechte."
"Und welche thatsaechliche Verhaeltnisse meinen Sie?" fragte Graf Bismarck
mit vollkommener Ruhe und einem leichten Anflug von Erstaunen in seinem
scharfen, fest auf den Botschafter gerichteten Blick.
"Es ist eine Thatsache," sprach Lord Loftus weiter, "welche offen vor
Europa da liegt, dass die franzoesische Regierung in den letzten Jahren
ganz besondere Anstrengungen gemacht hat, um ihre Militairmacht auf eine
aussergewoehnliche Hoehe zu erheben. Das Gleiche findet bei Ihnen statt,
und Sie werden mir zugeben, dass es eine gewisse Besorgniss und
Beunruhigung erregen kann, wenn man zwei
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