ung umarmte er den Prinzen von Asturien, zog
dann die kleinen Infantinnen an sich heran und kuesste sie eine nach der
andern auf die Stirn.
"Die lieben Kinder," sagte er,--"die Gluecklichen, die noch allen Sorgen
des Lebens--und der Politik fern stehen,--Gott segne sie."
Die Koenigin hatte mit bewegtem Ausdruck diese Scene mit angesehen, eine
tiefe, maechtige Ruehrung zuckte ueber ihr Gesicht, ein feuchter Schimmer
verhuellte ihren Blick. Dann winkte sie mit der Hand, die Graefin
Ezpeleta erschien wieder und fuehrte, sich tief und ceremoniell
verneigend, die Kinder hinaus.
"Ich habe Sie gebeten, zu nur zu kommen, mein Vetter," sagte die
Koenigin, "um mit Ihnen ueber die Lage Spaniens zu sprechen und mit Ihnen
zu berathen, was wir, die wir durch unser Blut mit dem Geschick der
spanischen Nation verknuepft sind, thun koennen, um das edle Volk aus
seiner traurigen Lage zu befreien und um auch in unserm Hause den
Frieden wieder herzustellen."
Das Gesicht des Grafen von Monte Molin nahm wieder seinen frueheren,
kalten und strengen Ausdruck an.
"Ueber die spanische Nation," sagte er, "ist das Strafgericht
hereingebrochen, dem kein Volk entgehen kann, das sich von Gott abwendet
und das heilige Recht seiner Koenige verleugnet. Spanien wird durch
dieses Strafgericht gelaeutert und so Gott will, einer gluecklichen
Zukunft zugefuehrt werden."
"Sie haben Recht, mein Vetter," sagte die Koenigin mit sanfter Stimme.
"Indess," fuhr sie fort, "ist das spanische Volk vielleicht entschuldbar,
wenn es sich ueber das Recht seiner Fuersten taeuscht, da ja bei den
Traegern dieses Rechts selbst zwei verschiedene Anschauungen ueber
dasselbe bestehen."
"Es giebt nur ein Recht," erwiderte Don Carlos, "und wenn zwei
verschiedene Anschauungen darueber bestehen, so trifft die Schuld
denjenigen Fuersten unseres Hauses, welcher in unverzeihlicher Weise die
alten, die heiligsten Satzungen nach seiner persoenlichen Willkuer zu
aendern unternommen hat. Und Ruhe und Frieden," fuhr er in klangvoller
Stimme fort, "wird in Spanien nicht eher wieder herrschen, als bis das
alte, gottgeheiligte Recht wieder zur vollen Geltung gekommen ist."
"Ich will darueber nicht mit Ihnen streiten, mein Vetter," sagte die
Koenigin, "wo das wahre Recht liegt. Sie muessen mir aber zugeben," fuhr
sie fort, indem sie ihn mit weichem Blick ansah und die Hand wie bittend
gegen ihn erhob, "dass ich unschuldig bin an dem, was vor mir--was zu
meinen Gunsten geschah.
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