nte vor Erwartung kaum einschlafen. Waehrend nun Stille im ganzen Haus
wurde und die Nacht weiter vorrueckte, loesten und verteilten sich am
Himmel immer mehr die schweren Wolken, ein Stern nach dem andern
leuchtete hervor und als, vom Wecker aufgeschreckt, Karl ans Fenster
huschte um zu sehen, ob etwas zu hoffen waere, strahlte ihm der klarste
Himmel entgegen, ja, er meinte sogar ein kurzes Leuchten wie von einer
fliegenden Kugel gesehen zu haben.
Es war nun keine kleine Aufgabe, Wilhelm und Otto zu wecken, ohne dabei
das ganze Haus aufzumuntern. Zum Glueck lag das Bubenzimmer nicht neben
dem Schlafzimmer der Eltern. Die verschlafenen Brueder hatten nicht
einmal mehr Lust zu dem naechtlichen Unternehmen, aber die stellte sich
wieder ein, sobald sie ganz wach waren, und nun richteten sich die Drei
in aller Stille. Nebenan schliefen die Schwestern. Ploetzlich ging die
Tuere leise auf, ein Arm streckte sich herein und ein geheimnisvolles:
"Gelt ihr geht? Da habt ihr unsern Schal!" wurde gefluestert; das grosse
warme Tuch flog herein, die Tuere ging leise wieder zu. Mit klopfendem
Herzen nahm Karl den Hausschluessel vom Nagel, in Struempfen, die Stiefel
in der Hand, schlichen sie alle Drei ueber den Gang, und die Treppe
hinunter. Aber ehe sie hinaustraten in den nassen Hof, mussten doch die
Stiefel angezogen werden und das ging nicht so ganz ohne jegliches
Geraeusch, nicht ohne Gefluester. Auch der Schluessel bewegte sich nicht
ohne metallenen Klang im Schloss und die Tuere nicht ohne Knarren in den
Angeln. Hingegen ging sich's lautlos auf dem bodenlosen Weg nach dem
Balken, und als die Drei erst hinter den Brettern, nahe dem Kasernenzaun
waren, schien ihnen das Unternehmen gelungen.
Das wachsame Ohr von Frau Hartwig, der Hausfrau, hatte aber etwas
gehoert. Sie wusste zunaechst selbst nicht, an was sie erwacht war, aber
sie hatte das Gefuehl: Irgend etwas ist nicht in Ordnung. Sie setzte sich
im Bett auf, horchte, vernahm ganz deutlich den ihr wohlbekannten Ton
der sich schliessenden Haustuere und dann ein Fluestern ausserhalb
derselben. "Es ist jemand hinausgegangen," sagte sie sich, "wer hat
nachts um 1 Uhr hinauszugehen?" Sie besann sich, es war ihr
unerklaerlich. "Es ist ungehoerig," sagte sie sich, "wer solch naechtliche
Spaziergaenge macht, der soll nur draussen bleiben," und rasch
entschlossen ging sie hinaus und schob den Nachtriegel an der Haustuere
vor. Dann legte sie sich beruhigt wieder, nun konnte niemand in
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