chauer den naemlichen Bewegungen schon auch
nachgeben, sie schon auch empfinden muessen.--Weit gefehlt, dass ich mit
den meisten, die von der dramatischen Dichtkunst geschrieben haben,
glauben sollte, man muesse die Entwicklung vor dem Zuschauer verbergen.
Ich daechte vielmehr, es sollte meine Kraefte nicht uebersteigen, wenn ich
mir ein Werk zu machen versetzte, wo die Entwicklung gleich in der ersten
Szene verraten wuerde und aus diesem Umstande selbst das allerstaerkeste
Interesse entspraenge.--Fuer den Zuschauer muss alles klar sein. Er ist der
Vertraute einer jeden Person; er weiss alles, was vorgeht, alles was
vorgegangen ist; und es gibt hundert Augenblicke, wo man nichts Bessers
tun kann, als dass man ihm gerade voraussagt, was noch vorgehen soll.
--O ihr Verfertiger allgemeiner Regeln, wie wenig versteht ihr die Kunst,
und wie wenig besitzt ihr von dem Genie, das die Muster hervorgebracht
hat, auf welche ihr sie bauet, und das sie uebertreten kann, sooft es ihm
beliebt!--Meine Gedanken moegen so paradox scheinen, als sie wollen:
soviel weiss ich gewiss, dass fuer eine Gelegenheit, wo es nuetzlich ist, dem
Zuschauer einen wichtigen Vorfall so lange zu verhehlen, bis er sich
ereignet, es immer zehn und mehrere gibt, wo das Interesse gerade das
Gegenteil erfodert.--Der Dichter bewerkstelliget durch sein Geheimnis
eine kurze Ueberraschung; und in welche anhaltende Unruhe haette er uns
stuerzen koennen, wenn er uns kein Geheimnis daraus gemacht haette!--Wer in
einem Augenblicke getroffen und niedergeschlagen wird, den kann ich auch
nur einen Augenblick bedauern. Aber, wie steht es alsdenn mit mir, wenn
ich den Schlag erwarte, wenn ich sehe, dass sich das Ungewitter ueber
meinem oder eines andern Haupte zusammenziehet und lange Zeit darueber
verweilet?--Meinetwegen moegen die Personen alle einander nicht kennen;
wenn sie nur der Zuschauer alle kennet.--Ja, ich wollte fast behaupten,
dass der Stoff, bei welchem die Verschweigungen notwendig sind, ein
undankbarer Stoff ist; dass der Plan, in welchem man seine Zuflucht zu
ihnen nimmt, nicht so gut ist, als der, in welchem man sie haette
entuebrigen koennen. Sie werden nie zu etwas Starkem Anlass geben. Immer
werden wir uns mit Vorbereitungen beschaeftigen muessen, die entweder allzu
dunkel oder allzu deutlich sind. Das ganze Gedicht wird ein Zusammenhang
von kleinen Kunstgriffen werden, durch die man weiter nichts als eine
kurze Ueberraschung hervorzubringen vermag. Ist hi
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