unglueckt!
Es ist nicht wahr, dass die Ohrfeige im "Cid" die einzige auf der
tragischen Buehne ist. Voltaire hat den "Essex" des Banks entweder nicht
gekannt, oder vorausgesetzt, dass die tragische Buehne seiner Nation allein
diesen Namen verdiene. Unwissenheit verraet beides; und nur das letztere
noch mehr Eitelkeit, als Unwissenheit. Was er von dem Namen der
Tragikomoedie hinzufuegt, ist ebenso unrichtig. Tragikomoedie hiess die
Vorstellung einer wichtigen Handlung unter vornehmen Personen, die einen
vergnuegten Ausgang hat; das ist der "Cid", und die Ohrfeige kam dabei gar
nicht in Betrachtung; denn dieser Ohrfeige ungeachtet, nannte Corneille
hernach sein Stueck eine Tragoedie, sobald er das Vorurteil abgelegt hatte,
dass eine Tragoedie notwendig eine unglueckliche Katastrophe haben muesse.
Plautus braucht zwar das Wort Tragicocomoedia: aber er braucht es bloss im
Scherze; und gar nicht, um eine besondere Gattung damit zu bezeichnen.
Auch hat es ihm in diesem Verstande kein Mensch abgeborgt, bis es in dem
sechzehnten Jahrhunderte den spanischen und italienischen Dichtem
einfiel, gewisse von ihren dramatischen Missgeburten so zu nennen.[1] Wenn
aber auch Plautus seinen "Amphitruo" im Ernste so genannt haette, so waere
es doch nicht aus der Ursache geschehen, die ihm Voltaire andichtet.
Nicht weil der Anteil, den Sosias an der Handlung nimmt, komisch, und
der, den Amphitruo daran nimmt, tragisch ist: nicht darum haette Plautus
sein Stueck lieber eine Tragikomoedie nennen wollen. Denn sein Stueck ist
ganz komisch, und wir belustigen uns an der Verlegenheit des Amphitruo
ebensosehr, als an des Sosias seiner. Sondern darum, weil diese komische
Handlung groesstenteils unter hoehern Personen vorgehet, als man in der
Komoedie zu sehen gewohnt ist. Plautus selbst erklaert sich darueber
deutlich genug:
Faciam ut commixta sit Tragico-comoedia:
Nam me perpetuo facere ut sit Comoedia
Reges quo veniant et di, non par arbitror.
Quid igitur? quoniam hic servus quoque partes habet,
Faciam hanc, proinde ut dixi, Tragico-comoediam.
----Fussnote
[1] Ich weiss zwar nicht, wer diesen Namen eigentlich zuerst gebraucht
hat; aber das weiss ich gewiss, dass es Garnier nicht ist. Hedelin sagte: Je
ne sais, si Garnier fut le premier qui s'en servit, mais il a fait porter
ce titre a sa "Bradamante", ce que depuis plusieurs ont imite. (Prat. du
Th. Liv. II. ch. 10.) Und dabei haetten es die Geschichtschreiber des
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