inden. Sie ist Frau
und Koenigin; was kann der Beleidigte mit ihr anfangen? Ueber die
handfertige wehrhafte Frau wuerde er spotten; denn eine Frau kann weder
schimpfen noch schlagen. Aber diese Frau ist zugleich der Souveraen,
dessen Beschimpfungen unausloeschlich sind, da sie von seiner Wuerde eine
Art von Gesetzmaessigkeit erhalten. Was kann also natuerlicher scheinen,
als dass Essex sich wider diese Wuerde selbst auflehnet und gegen die Hoehe
tobet, die den Beleidiger seiner Rache entzieht? Ich wuesste wenigstens
nicht, was seine letzten Vergehungen sonst wahrscheinlich haette machen
koennen. Die blosse Ungnade, die blosse Entsetzung seiner Ehrenstellen
konnte und durfte ihn so weit nicht treiben. Aber durch eine so
knechtische Behandlung ausser sich gebracht, sehen wir ihn alles, was
ihm die Verzweiflung eingibt, zwar nicht mit Billigung, doch mit
Entschuldigung unternehmen. Die Koenigin selbst muss ihn aus diesem
Gesichtspunkte ihrer Verzeihung wuerdig erkennen; und wir haben so
ungleich mehr Mitleid mit ihm, als er uns in der Geschichte zu verdienen
scheinet, wo das, was er hier in der ersten Hitze der gekraenkten Ehre
tut, aus Eigennutz und andern niedrigen Absichten geschieht.
Der Streit, sagt die Geschichte, bei welchem Essex die Ohrfeige erhielt,
war ueber die Wahl eines Koenigs von Irland. Als er sahe, dass die Koenigin
auf ihrer Meinung beharrte, wandte er ihr mit einer sehr veraechtlichen
Gebaerde den Ruecken. In dem Augenblicke fuehlte er ihre Hand, und seine
fuhr nach dem Degen. Er schwur, dass er diesen Schimpf weder leiden koenne
noch wolle; dass er ihn selbst von ihrem Vater Heinrich nicht wuerde
erduldet haben: und so begab er sich vom Hofe. Den Brief, den er an den
Kanzler Egerton ueber diesen Vorfall schrieb, ist mit dem wuerdigsten
Stolze abgefasst, und er schien fest entschlossen, sich der Koenigin nie
wieder zu naehern. Gleichwohl finden wir ihn bald darauf wieder in ihrer
voelligen Gnade und in der voelligen Wirksamkeit eines ehrgeizigen Lieblings.
Diese Versoehnlichkeit, wenn sie ernstlich war, macht uns eine sehr
schlechte Idee von ihm; und keine viel bessere, wenn sie Verstellung war.
In diesem Falle war er wirklich ein Verraeter, der sich alles gefallen liess,
bis er den rechten Zeitpunkt gekommen zu sein glaubte. Ein elender Weinpacht,
den ihm die Koenigin nahm, brachte ihn am Ende weit mehr auf, als die
Ohrfeige; und der Zorn ueber diese Verschmaelerung seiner Einkuenfte verblendete
ihn so
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