gewachsen, ein Paar
alte Laffen hintergehen; und die beide "Die Maennerschule" heissen muessten,
wenn Moliere weiter nichts darin haette lehren wollen, als dass das duemmste
Maedchen noch immer Verstand genug habe, zu betruegen, und dass Zwang und
Aufsicht weit weniger fruchte und nutze, als Nachsicht und Freiheit.
Wirklich ist fuer das weibliche Geschlecht in der "Frauenschule" nicht
viel zu lernen; es waere denn, dass Moliere mit diesem Titel auf die
Ehestandsregeln, in der zweiten Szene des dritten Akts, gesehen haette,
mit welchen aber die Pflichten der Weiber eher laecherlich gemacht werden.
"Die zwei gluecklichsten Stoffe zur Tragoedie und Komoedie", sagt Trublet,
[5] "sind der 'Cid' und die 'Frauenschule'. Aber beide sind vom Corneille
und Moliere bearbeitet worden, als diese Dichter ihre voellige Staerke noch
nicht hatten. Diese Anmerkung", fuegt er hinzu, "habe ich von dem Hrn. von
Fontenelle."
Wenn doch Trublet den Hrn. von Fontenelle gefragt haette, wie er dieses
meine. Oder falls es ihm so schon verstaendlich genug war, wenn er es doch
auch seinen Lesern mit ein paar Worten haette verstaendlich machen wollen.
Ich wenigstens bekenne, dass ich gar nicht absehe, wo Fontenelle mit
diesem Raetsel hingewollt. Ich glaube, er hat sich versprochen; oder
Trublet hat sich verhoert.
Wenn indes, nach der Meinung dieser Maenner, der Stoff der "Frauenschule"
so besonders gluecklich ist und Moliere in der Ausfuehrung desselben nur zu
kurz gefallen: so haette sich dieser auf das ganze Stueck eben nicht viel
einzubilden gehabt. Denn der Stoff ist nicht von ihm; sondern teils aus
einer spanischen Erzaehlung, die man bei dem Scarron unter dem Titel "Die
vergebliche Vorsicht" findet, teils aus den "Spasshaften Naechten" des
Straparolle genommen, wo ein Liebhaber einem seiner Freunde alle Tage
vertrauet, wie weit er mit seiner Geliebten gekommen, ohne zu wissen, dass
dieser Freund sein Nebenbuhler ist.
"Die Frauenschule", sagt der Herr von Voltaire, "war ein Stueck von einer
ganz neuen Gattung, worin zwar alles nur Erzaehlung, aber doch so
kuenstliche Erzaehlung ist, dass alles Handlung zu sein scheinet."
Wenn das Neue hierin bestand, so ist es sehr gut, dass man die neue
Gattung eingehen lassen. Mehr oder weniger kuenstlich, Erzaehlung bleibt
immer Erzaehlung, und wir wollen auf dem Theater wirkliche Handlungen
sehen.--Aber ist es denn auch wahr, dass alles darin erzaehlt wird? dass
alles nur Handlung zu sein scheint? V
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