cht. Maffeis
Aegisth traegt den Koerper in den Fluss, weil er sonst verfolgt und erkannt
zu werden fuerchtet; weil er glaubt, wenn der Koerper beiseite geschafft
sei, dass sodann nichts seine Tat verraten koenne; dass diese sodann,
mitsamt dem Koerper, in der Flut begraben sei. Aber kann das Voltairens
Aegisth auch glauben? Nimmermehr; oder der zweite haette nicht entkommen
muessen. Wird sich dieser begnuegen, sein Leben davongetragen zu haben?
Wird er ihn nicht, wenn er auch noch so furchtsam ist, von weiten
beobachten? Wird er ihn nicht mit seinem Geschrei verfolgen, bis ihn
andere festhalten? Wird er ihn nicht anklagen und wider ihn zeugen? Was
hilft es dem Moerder also, das corpus delicti weggebracht zu haben? Hier
ist ein Zeuge, welcher es nachweisen kann. Diese vergebene Muehe haette er
sparen und dafuer eilen sollen, je eher je lieber ueber die Grenze zu
kommen. Freilich musste der Koerper, des Folgenden wegen, ins Wasser
geworfen werden; es war Voltairen ebenso noetig als dem Maffei, dass Merope
nicht durch die Besichtigung desselben aus ihrem Irrtume gerissen werden
konnte; nur dass, was bei diesem Aegisth sich selber zum Besten tut, er
bei jenem bloss dem Dichter zu Gefallen tun muss. Denn Voltaire korrigierte
die Ursache weg, ohne zu ueberlegen, dass er die Wirkung dieser Ursache
brauche, die nunmehr von nichts als von seiner Beduerfnis abhaengt.
Eine einzige Veraenderung, die Voltaire in dem Plane des Maffei gemacht
hat, verdient den Namen einer Verbesserung. Die naemlich, durch welche er
den wiederholten Versuch der Merope, sich an dem vermeinten Moerder ihres
Sohnes zu raechen, unterdrueckt und dafuer die Erkennung von seiten des
Aegisth, in Gegenwart des Polyphonts, geschehen laesst. Hier erkenne ich
den Dichter, und besonders ist die zweite Szene des vierten Akts ganz
vortrefflich. Ich wuenschte nur, dass die Erkennung ueberhaupt, die in der
vierten Szene des dritten Akts von beiden Seiten erfolgen zu muessen das
Ansehen hat, mit mehrerer Kunst haette geteilet werden koennen. Denn dass
Aegisth mit einmal von dem Eurikles weggefuehret wird und die Vertiefung
sich hinter ihm schliesst, ist ein sehr gewaltsames Mittel. Es ist nicht
ein Haar besser, als die uebereilte Flucht, mit der sich Aegisth bei dem
Maffei rettet, und ueber die Voltaire seinen Lindelle so spotten laesst.
Oder vielmehr, diese Flucht ist um vieles natuerlicher; wenn der Dichter
nur hernach Sohn und Mutter einmal zusammen gebracht und uns n
|