So tat sie
stumm, aber gewissenhaft ihre Arbeit, und niemand wusste viel von dem,
was in ihr vorging und ob sie schwer trug an ihrem Gebrechen. Durch der
Mutter Worte war aber die Teilnahme der jungen Pfaefflinge wach geworden
und mit dem Wunsch, freundlich gegen sie zu sein, griff Marie nach den
Bestecken, um sie einzuraeumen; die andern bekamen auch Lust zu helfen,
und im Nu war das Brett leer und Walburg sehr erstaunt ueber die
ungewohnte Hilfsbereitschaft. "Freundlichkeit ist auch ein Lohn," sagte
Frau Pfaeffling, "wenn ihr den alle sieben an Walburg bezahlt, dann--"
"Dann wird sie kolossal reich," vollendete Karl.
Unser Musiklehrer kam vergnuegt aus seinem Eckzimmer hervor: "Ein guter
Anfang des Schuljahrs," sagte er. "Die Dame hat mir ihre Tochter als
Schuelerin angetragen. Zwei Stunden woechentlich in unserem Haus. Das
Fraeulein mag etwa 17 Jahre alt sein und kommt mir allerdings vor, als
sei es noch ein dummes Gaenschen, aber ein freundliches, es lacht immer,
wenn nichts zu lachen ist, und kam in Verlegenheit, als die Frau Mama
nach dem Preis fragte mit der Bemerkung, sie zahle immer voraus. Sie zog
auch gleich ein hochfeines Portemonnaie und zaehlte das Geld auf den
Tisch. 'Wenn es auch nur eine Bagatelle ist,' sagte die Dame, 'so bringt
man doch die Sache gerne gleich in Ordnung.' Darauf empfahl sie sich,
das Fraeulein knixte und lachte und morgen wird die erste Stunde sein. Da
ist das Geld, wirst's noetig haben," schloss Herr Pfaeffling seinen Bericht
und reichte seiner Frau das Geld hin. Die Kinder drueckten sich an die
Fenster, sahen hinunter und bewunderten die Dame, die mit ihrem seidenen
Kleid durch die Fruehlingsstrasse rauschte, begleitet von der Tochter, die
mehr noch ein Kind als ein Fraeulein zu sein schien. "Hat je eines von
euch schon diesen Namen gehoert?" fragte Herr Pfaeffling und hielt ihnen
die Visitenkarte der Dame hin. Sie schuettelten alle verneinend, der Name
war ganz schwierig herauszubuchstabieren, er lautete: _Frau Privatiere
Vernagelding_.
2. Kapitel
Herr Direktor?
November! Du duesterer, nebeliger, nasskalter Monat, wer kann dich leiden?
Ich glaube, unter allen zwoelfen hast du die wenigsten Freunde. Du machst
den Herbstfreuden ein Ende und bringst doch die Winterfreuden noch
nicht. Aber zu etwas bist du doch gut, zur ernsten, regelmaessigen Arbeit.
Was wurde allein in der Familie Pfaeffling gearbeitet an dem grossen Tisch
unter der Haengelampe, die schon um 5 Uhr
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