lm, der zweite: "Bei uns hat einer auch einmal die Schule
vergessen, dann hat er zum Lehrer gesagt, er habe Nasenbluten bekommen
und so ist er ohne alles durchgeschlupft, der war schlau!" Da hoerte auf
einmal das Trommeln an den Fensterscheiben auf, der Vater wandte sich um
und sagte: "Der war ein Luegner und das ist der Frieder nicht. Geh her,
du kleines Dummerle du, wenn dir der Lehrer selbst deinen Denkzettel
gegeben hat, dann brauchst du von mir keinen, du bekommst deine
Harmonika wieder, aber--"
Die gute Lehre, die dem kleinen Schulknaben zugedacht war, unterblieb,
denn in diesem Augenblick kam durchs Nebenzimmer Frau Pfaeffling und
sagte eilfertig: "Kinder, warum macht ihr nicht auf? Ich habe hinten im
Buegelzimmer das Klingeln gehoert und ihr seid vornen und achtet nicht
darauf!" Schuldbewusst liefen die der Tuere am naechsten Stehenden hinaus
und riefen bald darauf den Vater ab, in freudiger Erregung verkuendend:
"Es handelt sich um Stunden! Eine vornehme Dame mit einem Fraeulein ist
da!" "Und ihr habt sie zweimal klingeln lassen! Wenn sie nun
fortgegangen waeren!" sagte die Mutter vorwurfsvoll.
"Manchmal ist's recht unbequem, dass Walburg taub ist," meinte Anne und
Else fuegte altklug hinzu: "Es gibt Dienstmaedchen, die hoeren ganz gut,
die hoeren sogar das Klingeln, wenn wir so eine haetten!" "Seid ihr ganz
zufrieden, dass wir unsere Walburg haben," entgegnete Frau Pfaeffling,
"wenn sie nicht bei uns bleiben wollte, koennten wir gar keine nehmen,
sie tut's um den halben Lohn. Und _wieviel_ tut sie uns! Es ist traurig,
zu denken: weil sie ein solches Gebrechen hat, muss sie sich mit halbem
Lohn begnuegen. Wenn ich koennte, wuerde ich ihr den doppelten geben."
Unvermutet ging die Tuere auf und die, von der man gesprochen hatte, trat
ein. Unwillkuerlich sahen alle Kinder sie aufmerksamer an als sonst, sie
bemerkte es aber nicht, denn sie blickte auf das grosse Brett voll
geputzter Bestecke und Tassen, das sie aus der Kueche hereintrug. Walburg
war eine ungewoehnlich grosse, kraeftige Gestalt und ihr Gesicht hatte
einen guten, vertrauenerweckenden Ausdruck. Vor ein paar Jahren war sie
aus einem Dienst entlassen worden wegen ihrer zunehmenden
Schwerhoerigkeit, die nun fast Taubheit zu nennen war. Als niemand sie
dingen wollte, war sie froh, bei kleinem Lohn in der Familie Pfaeffling
ein Unterkommen zu finden. Seitdem sie nicht mehr das Reden der Menschen
hoerte, hatte sie selbst sich das Sprechen fast abgewoehnt.
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