Zeiten einen Friedhof, nach welchem der Ort heute noch
seinen Namen "La Mortola" fuehren soll. Blumenbeete haben seitdem die
Graeber verdeckt, ueppiger Pflanzenwuchs die Staetten verwischt, an welchen
Menschen einst ihre Lieben beweinten, die Cypressen allein trauern noch
ueber den Todten.
VII.
Die Strada nazionale, die am Garten vorbei nach Mentone fuehrt, steigt
zunaechst in der Schlucht empor und beginnt erst jenseits der Croce della
Mortola sich langsam zu senken. Es ist ein unendlich schoener Weg, der im
weiten Bogen, am Abhang der Berge, langsam gegen Mentone absteigt. Bald
ist man in einen Olivenhain gedrungen, in dem sich das Dorf Grimaldi
verbirgt; jenseits des Ortes steigt ueber der Strasse ein alter Thurm duester
in die Luefte empor, neben ihm draengt ein modernes Schloss in englisch
gothischem Geschmack sich auf. Ein schoener Garten steigt bis zum Thurm
empor. Es war das einst die Besitzung des englischen Arztes Bennet, dessen
Name einen ruhmvollen Klang an der Riviera besitzt. Nach dessen Tode haben
neue Besitzer das gothische Haus erbaut. Wir erreichen das italienische
Zollhaus. Es dunkelt schon; in Mentone, das in geringer Ferne vor unseren
Augen aufsteigt, beginnen auf den Strassen und in den Haeusern die Lichter
sich zu entzuenden. Eine lange Reihe flammender Punkte folgt bald dem
Strande, als haette sich das Meer mit einer Schnur feuriger Perlen
geschmueckt. Mir zogen die Strophen des Mignonliedes durch den Sinn, und
das Rauschen des Meeres schien sie in den Toenen der Beethoven'schen Musik
zu begleiten. Wie bezeichnend fuer diesen Boden mehr als
zweitausendjaehriger Cultur, dass jene Gewaechse in dem Liede, welche das
Bild Italiens uns so lebendig vor die Seele zaubern, diesem Lande nicht
ureigen sind. Sie kamen aus dem Orient, wie alle die grossen Gedanken, auf
welchen unsere Bildung ruht, entfalteten und veredelten sich aber auf
diesem Boden. Die Citronen und Orangen erhielten die klassischen Lande von
den Semiten, welche dieselben ihrerseits von den Indiern uebernommen
hatten. Der Oel- und Feigenbaum, der Weinstock und die Palme standen bei
den Semiten in Pflege, lange bevor sie als Culturpflanzen siegreich nach
dem Westen vordrangen. Der Cultus des Lorbeers und der Myrte gelangte von
Osten her ueber das Mittelmeer. Die Cypresse hat nicht ihre Heimath in
Italien, sondern auf den griechischen Inseln und auf dem Libanon; ja,
selbst von der schirmfoermig ausgebrei
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