fast in greifbare
Wirklichkeit verwandelt. Dieses Wachsthum kann naemlich unter guenstigen
Verhaeltnissen einen Meter taeglich betragen und ein zwanzig Meter hoher
Spross in wenigen Wochen somit diese Hoehe erreicht haben. - Schoene Gruppen
von Bambuspflanzen gehoeren zu den zierlichsten Erscheinungen des
Pflanzenreiches; freilich kann man diese Pflanzen in voller
Prachtentfaltung erst in den Tropen sehen und im La-Mortola-Garten nur
eine annaehernde Vorstellung davon gewinnen, welche Bedeutung ihnen in der
tropischen Landschaft zukommt.
Aus den werthvollen Angaben des Geographen Ritter und den nicht minder
werthvollen Untersuchungen des Botanikers Ferdinand Cohn geht wohl sicher
hervor, dass diejenige Substanz, welche die Alten als Saccharum bezeichnet
haben, nicht Rohrzucker, sondern Tabaschier gewesen sei. Nach Bopp
bedeutet das Sanskrit-Stammwort "_carkara_" nicht etwas Suesses, sondern
etwas Zerbrechliches und Steinartiges. Im alten Indien wurde das
Tabaschier als Sakkar Mambu oder Bambusstein bezeichnet, und erst die
Araber haben dieses Wort auf den spaeter dargestellten, dem Tabaschier
aehnlichen, krystallinischen Rohrzucker uebertragen. Edmund O. von Lippmann
kommt ebenfalls in seiner ueberaus gruendlichen und erschoepfenden
"Geschichte des Zuckers" zu dem Ergebniss, dass der Sakcharon der antiken
Welt nicht unser Zucker gewesen sei; er weist nach, dass der *feste* Zucker
auch in Indien erst in der Zeit zwischen dem dritten und sechsten
Jahrhundert n. Chr. bekannt wurde.
Das Zuckerrohr (_Saccharum officinarum_) ist unserem Schilfrohr sehr
aehnlich und wie dieses eine Grasart. Man sieht es im La Mortola-Garten in
voller Entfaltung. Das Zuckerrohr ist eine sehr alte Culturpflanze. Da es
ausschliesslich aus Stecklingen gezogen wurde, hat es die Faehigkeit, Samen
zu erzeugen, fast eingebuesst. Man hat bis vor Kurzem ueberhaupt geglaubt,
dass das Zuckerrohr nicht fructificire; doch ergaben sorgfaeltige
Beobachtungen, vornehmlich aus Java, dass diese Unfruchtbarkeit nur eine
relative sei. Die Heimath des Zuckerrohrs ist wahrscheinlich Bengalen,
jene Provinz, die, ihrer unerschoepflichen Fruchtbarkeit wegen, seit jeher
als der Garten Indiens gepriesen wurde. Wohl gegen das Ende des dritten
Jahrhunderts ist das Zuckerrohr aus Indien nach China gelangt und
zweihundert Jahre spaeter westlich bis Gondisapur vorgedrungen. Diese Stadt
lag am Flusse Karon, der unweit davon sich zum Theil in den Tigris, zum
Theil nach dem N
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