en nicht mehr verzeihe.--Wesentliche Fehler dieses?
Doch das ist die Sprache der franzoesischen Kunstrichter ueberhaupt; die
muss ich ihm schon lassen, wenn ich nicht ganz von vorne mit ihm anfangen
will. So wesentlich oder unwesentlich sie aber auch sein moegen; wollen
wir es Lindellen auf sein Wort glauben, dass sie bei den Dichtern seines
Volks so selten sind? Es ist wahr, sie sind es, die sich der groessten
Regelmaessigkeit ruehmen; aber sie sind es auch, die entweder diesen Regeln
eine solche Ausdehnung geben, dass es sich kaum mehr der Muehe verlohnet,
sie als Regeln vorzutragen oder sie auf eine solche linke und gezwungene
Art beobachten, dass es weit mehr beleidiget, sie so beobachtet zu sehen,
als gar nicht.[1] Besonders ist Voltaire ein Meister, sich die Fesseln
der Kunst so leicht, so weit zu machen, dass er alle Freiheit behaelt, sich
zu bewegen, wie er will; und doch bewegt er sich oft so plump und schwer
und macht so aengstliche Verdrehungen, dass man meinen sollte, jedes Glied
von ihm sei an ein besonderes Klotz geschmiedet. Es kostet mir Ueberwindung,
ein Werk des Genies aus diesem Gesichtspunkte zu betrachten; doch da es
bei der gemeinen Klasse von Kunstrichtern noch so sehr Mode ist, es fast
aus keinem andern als aus diesem zu betrachten; da es der ist, aus welchem
die Bewunderer des franzoesischen Theaters das lauteste Geschrei erheben:
so will ich doch erst genauer hinsehen, ehe ich in ihr Geschrei mit
einstimme.
1. Die Szene ist zu Messene, in dem Palaste der Merope. Das ist, gleich
anfangs, die strenge Einheit des Ortes nicht, welche, nach den
Grundsaetzen und Beispielen der Alten, ein Hedelin verlangen zu koennen
glaubte. Die Szene muss kein ganzer Palast, sondern nur ein Teil des
Palastes sein, wie ihn das Auge aus einem und ebendemselben Standorte zu
uebersehen faehig ist. Ob sie ein ganzer Palast oder eine ganze Stadt oder
eine ganze Provinz ist, das macht im Grunde einerlei Ungereimtheit. Doch
schon Corneille gab diesem Gesetze, von dem sich ohnedem kein
ausdrueckliches Gebot bei den Alten findet, die weitere Ausdehnung und
wollte, dass eine einzige Stadt zur Einheit des Ortes hinreichend sei.
Wenn er seine besten Stuecke von dieser Seite rechtfertigen wollte, so
musste er wohl so nachgebend sein. Was Corneillen aber erlaubt war, das
muss Voltairen recht sein. Ich sage also nichts dagegen, dass eigentlich
die Szene bald in dem Zimmer der Koenigin, bald in dem oder jenem Saale,
bald in dem Vorh
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