ttel, den Thron ohne
alle Ansprueche zu besitzen, anbietet, das weit kuerzer, weit unfehlbarer
ist, als die Verbindung mit seiner Mutter: es soll und muss geheiratet
sein, und noch heute, und noch diesen Abend; der neue Koenig will bei der
alten Koenigin noch diese Nacht schlafen, oder es geht nicht gut. Kann man
sich etwas Komischeres denken? In der Vorstellung, meine ich; denn dass es
einem Menschen, der nur einen Funken von Verstande hat, einkommen koenne,
wirklich so zu handeln, widerlegt sich von selbst. Was hilft es nun also
dem Dichter, dass die besondern Handlungen eines jeden Akts zu ihrer
wirklichen Eraeugung ungefaehr nicht viel mehr Zeit brauchen wuerden, als
auf die Vorstellung dieses Aktes geht; und dass diese Zeit mit der, welche
auf die Zwischenakte gerechnet werden muss, noch lange keinen voelligen
Umlauf der Sonne erfodert: hat er darum die Einheit der Zeit beobachtet?
Die Worte dieser Regel hat er erfuellt, aber nicht ihren Geist. Denn was
er an einem Tage tun laesst, kann zwar an einem Tage getan werden, aber
kein vernuenftiger Mensch wird es an einem Tage tun. Es ist an der
physischen Einheit der Zeit nicht genug; es muss auch die moralische dazu
kommen, deren Verletzung allen und jeden empfindlich ist, anstatt dass die
Verletzung der erstern, ob sie gleich meistens eine Unmoeglichkeit
involvieret, dennoch nicht immer so allgemein anstoessig ist, weil diese
Unmoeglichkeit vielen unbekannt bleiben kann. Wenn z.E. in einem Stuecke
von einem Orte zum andern gereiset wird, und diese Reise allein mehr als
einen ganzen Tag erfodert, so ist der Fehler nur denen merklich, welche
den Abstand des einen Ortes von dem andern wissen. Nun aber wissen nicht
alle Menschen die geographischen Distanzen; aber alle Menschen koennen es
an sich selbst merken, zu welchen Handlungen man sich einen Tag, und zu
welchen man sich mehrere nehmen sollte. Welcher Dichter also die
physische Einheit der Zeit nicht anders als durch Verletzung der
moralischen zu beobachten verstehet und sich kein Bedenken macht, diese
jener aufzuopfern, der verstehet sich sehr schlecht auf seinen Vorteil
und opfert das Wesentlichere dem Zufaelligen auf.--Maffei nimmt doch
wenigstens noch eine Nacht zu Hilfe; und die Vermaehlung, die Polyphont
der Merope heute andeutet, wird erst den Morgen darauf vollzogen. Auch
ist es bei ihm nicht der Tag, an welchem Polyphont den Thron besteiget;
die Begebenheiten pressen sich folglich weniger; sie eilen, aber sie
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