denselben
parallel laeuft, so ist Caracas kein Mittelpunkt des Handels, wie Mexico,
Santa Fe de Bogota und Quito. Jede der sieben in eine _Capitania general_
vereinigten Provinzen hat ihren eigenen Hafen, durch den ihre Produkte
abfliessen. Man darf nur die Lage der Provinzen, ihren mehr oder minder
starken Verkehr mit den Inseln unter dem Wind oder den grossen Antillen,
die Richtung der Gebirge und den Lauf der grossen Fluesse betrachten, um
einzusehen, dass Caracas auf die Laender, deren Hauptstadt es ist, niemals
einen bedeutenden politischen Einfluss haben kann. Der Apure, der Meta, der
Orinoco, die von West nach Ost laufen, nehmen alle Gewaesser aus den Llanos
oder der Region des Weidelandes auf. St. Thomas in Guyana muss nothwendig
einmal ein wichtiger Handelsplatz werden, namentlich wenn einmal das Mehl
aus Neu-Grenada oberhalb der Vereinigung des Rio Negro und des Umadea
eingeschifft wird und aus dem Meta und dem Orinoco hinunter kommt, und man
dasselbe in Cumana und Caracas dem Mehl aus den Vereinigten Staaten
vorzieht. Es ist ein grosser Vorzug der Provinzen von Venezuela, dass nicht
ihr ganzer Bodenreichthum in Einem Punkt zusammenfliesst, wie der von
Mexico und Neu-Grenada nach Vera Cruz und Carthagena, sondern dass sie eine
Menge ziemlich gleich bevoelkerter Staedte haben, die eben so viele
Mittelpunkte des Handels und der Cultur bilden.
Caracas ist der Sitz einer *Audiencia* (hoher Gerichtshof) und eines der
acht Erzbisthuemer, in welche das ganze spanische Amerika getheilt ist. Die
Bevoelkerung war, nach meinen Erkundigungen ueber die Zahl der Geburten, im
Jahr 1800 etwa 40,000; die unterrichtetsten Einwohner geben sie sogar zu
45,000 an, worunter 12,000 Weisse und 27,000 freie Farbige. Im Jahr 1778
hatte man bereits 30--32,000 geschaetzt. Alle unmittelbaren Aufnahmen
blieben ein Viertheil und mehr unter der wirklichen Zahl. Im Jahr 1766
hatte die Bevoelkerung von Caracas und des schoenen Thals, in dem es liegt,
durch eine boesartige Pockenepidemie sehr stark gelitten. In der Stadt
starben 6--8000 Menschen; seit diesem denkwuerdigen Zeitpunkt ist die
Kuhpockenimpfung allgemein geworden, und ich habe sie ohne Arzt vornehmen
sehen. In der Provinz Cumana, die weniger Verkehr mit Europa hat, war zu
meiner Zeit seit fuenfzehn Jahren kein Pockenfall vorgekommen, waehrend man
in Caracas vor dieser schrecklichen Krankheit bestaendig bange hatte, weil
sie immer an mehreren Punkten zugleich sporadisch auftrat; ich
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