Haeuser der
vornehmsten Goten und Roemer hatte eilen sehen - in hoechster Erregung. In
den Strassen, auf den Plaetzen, in den Baedern standen die Maenner paarweise
oder in Gruppen beisammen, fragten und teilten sich mit, was sie wussten,
suchten eines Vornehmen habhaft zu werden, der vom Palaste herkam und
sprachen ueber die ernsten Folgen des bevorstehenden Ereignisses. Weiber
und Kinder kauerten neugierig auf den Schwellen der Haeuser. Mit den
wachsenden Stunden des Tages stroemte sogar schon die Bevoelkerung der
naechsten Doerfer und Staedte, besonders trauernde Goten, forschend in die
Thore Ravennas. Die Raete des Koenigs, voraus der Praefectus Praetorio
Cassiodorus, der sich in diesen Tagen um Aufrechthaltung der Ordnung hohes
Verdienst erwarb, hatten solche Aufregung vorausgesehen, vielleicht
Schlimmeres erwartet.
Seit Mitternacht waren alle Zugaenge zum Palast geschlossen und mit
gotischen Wachen besetzt. Auf dem Forum des Honorius, vor der Stirnseite
des Gebaeudes, war ein Zug Reiter aufgestellt. Auf den breiten
Marmorstufen, die zu der stolzen Saeulenreihe des Hauptportals
hinauffuehrten, waren starke Scharen gotischen Fussvolks, mit Schild und
Speer, in malerischen Gruppen gelagert.
Nur hier konnte man, nach Cassiodors Befehl, Eintritt in den Palast
erlangen und nur die beiden Anfuehrer des Fussvolks, der Roemer Cyprian und
der Gote Witichis, durften die Erlaubnis dazu erteilen. Ersterer war es,
der Cethegus einliess. Wie dieser den altbekannten Weg zum Gemach des
Koenigs verfolgte, fand er in den Hallen und Gaengen der Burg die Goten und
Italier, denen ihr Rang und Ansehen Zutritt erwarben, in ungleichen
Gruppen verteilt.
Schweigend und traurig standen in der sonst so lauten Trinkhalle die
jungen Tausendfuehrer und Hundertfuehrer der Goten beisammen oder fluesterten
einzelne besorgte Fragen, waehrend hier und da ein aelterer Mann, ein
Waffengefaehrte des sterbenden Helden, in einer Nische der Bogenfenster
lehnte, seinen lauten Schmerz zu verbergen; in der Mitte des Saales stand,
laut weinend, das Haupt an einen Pfeiler drueckend, ein reicher Kaufmann
von Ravenna: der Koenig, der jetzt scheiden sollte, hatte ihm eine
Verschwoerung verziehen und seine Warenhallen vor der Pluenderung durch die
ergrimmten Goten gerettet.
Mit einem kalten Blick der Geringschaetzung schritt Cethegus an dem allen
vorueber. Er ging weiter.
In dem naechsten Gemach, dem zum Empfang fremder Gesandten bestimmten Saal,
fand er
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