uss konnte sie nicht geben, da sie zum erstenmal das neue Besitztum
betrat und so blieb nichts uebrig, als das Maultier zur groessten Eile zu
treiben und springend und rufend begleiteten Vater und Tochter den Trab
des Grauchens die Wiesenhaenge hinunter.
Als sie nun naeher kamen, fand Corbulo allerdings hinter der Baumgruppe das
Haus, das er gekauft: aber so verjuengt, erneuert, verschoent, dass er es
kaum erkannte.
Sein Staunen ueber die Umwandlung der ganzen Gegend stieg aufs neue zu
aberglaeubischer Furcht: offnen Mundes blieb er zuletzt stehen, liess die
Zuegel fallen und begann eine wieder seltsam gemischte Reihe von
christlichen und heidnischen Ausrufen, als ploetzlich Kamilla ebenso
ueberrascht ausrief: "Aber das ist ja der Garten, wo wir gewohnt, das
Viridarium des Honorius zu Ravenna, dieselben Baeume, dieselben
Blumenbeete, und auch an jenem Teich, wie zu Ravenna am Meeresufer, der
Tempel der Venus! o wie schoen, welche Erinnerung! Corbulo, wie hast du das
angefangen?" Und Thraenen freudiger Ruehrung traten in ihre Augen. - "So
sollen mich alle Teufel peinigen und Lemuren, wenn ich das angefangen
habe. Doch da kommt Cappadox mit seinem Klumpfuss, der ist also nicht mit
verhext. Rede, du Cyklope, was ist hier geschehen?"
Der riesige Cappadox, ein breitschultriger Sklave, humpelte mit
ungeschlachtem Laecheln heran und erzaehlte nach vielen Fragen und
Unterbrechungen des Staunens eine raetselhafte Geschichte. Vor drei Wochen
etwa, wenige Tage nachdem Cappadox auf das Gut geschickt war, es fuer
seinen Herrn, der auf laengere Zeit in die Marmorbrueche von Luna verreist
war, zu verwalten, kam von Tifernum her ein vornehmer Roemer mit einem Tross
von Sklaven und Arbeitern und mit hochbepackten Lastwagen an. Er fragte,
ob dies die Besitzung sei, welche der Steinmetz Corbulo von Perusia fuer
die Witwe des Boethius gekauft. Und als dies bejaht wurde, gab er sich als
den Hortulanus Prinzeps d. h. als Oberintendanten der Gaerten zu Ravenna zu
erkennen. Ein alter Freund des Boethius, der aus Furcht vor den gotischen
Tyrannen seinen Namen nicht zu nennen wage, wuensche, sich insgeheim der
Verfolgten anzunehmen und habe ihm den Auftrag gegeben, den Aufenthalt
derselben mit allen Mitteln seiner Kunst zu schmuecken und zu verschoenern.
Der Sklave duerfe die beabsichtigte Ueberraschung nicht verderben und halb
mit Guete, halb mit Gewalt hielt man den staunenden Cappadox auf der Villa
fest. Der Intendant aber entwarf sofort
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