tiefaufatmend, "spielte ein Zug
um seinen Mund, sprach eine Wehmut aus seinem Auge, als sei Er der tief
von mir Gekraenkte, als habe Er uns edel zu vergeben, als habe er mir ein
grosses Opfer gebracht -" - "Unreife Knaben bilden sich immer ein, es sei
ein Opfer, wenn sie lieben." Da blitzte Kamillas Auge, sie warf den
schoenen Kopf zurueck und wandte sich heftig gegen Cethegus: "Athalarich ist
kein Knabe mehr und man soll ihn nicht verhoehnen." Cethegus schwieg, ruhig
die Augen senkend. Aber Rusticiana fragte erstaunt: "Hassest du den Koenig
nicht mehr?" - "Bis zum Tode. Man soll ihn verderben, nicht verhoehnen."
"Was ist geschehen?" wiederholte Cethegus. - "Heute stand jener
raetselhafte, kalte, stolze Zug deutlicher als je auf seinem Antlitz. Ein
Zufall aeusserte ihn in Worten. Wir waren eben gelandet. Ein Kaefer war ins
Wasser gefallen: der Koenig bueckte sich und zog ihn heraus: das Tierchen
aber wehrte sich gegen die mildthaetige Hand und biss mit den Zangen des
Kopfes in den Finger, der ihn hielt. "Der Undankbare," sagte ich. - "Oh,"
sprach Athalarich, bitter laechelnd, und er setzte den Kaefer auf ein Blatt:
"man verwundet die am meisten, die am meisten fuer uns gethan." Und dabei
flog sein Blick mit stolzer Wehmut ueber mich dahin. Doch rasch, als ob er
zuviel gesagt, schritt er kalt gruessend hinweg. Ich aber" - und ihre Brust
wogte, ihre fein geschnittenen Lippen schlossen sich - "ich aber trage das
nicht mehr. Der Stolze! er soll mich lieben - oder sterben." - "Das soll
er," sagte Cethegus kaum hoerbar, "eins von beiden."
Neuntes Kapitel.
Wenige Tage darauf wurde der Hof durch einen neuen Schritt des jungen
Koenigs zur Selbstaendigkeit ueberrascht: er selbst berief den Rat der
Regentschaft, ein Recht, das bisher nur Amalaswintha geuebt. Die Regentin
war nicht wenig erstaunt, als ein Bote ihres Sohnes sie in dessen Gemaecher
beschied, wo der Koenig bereits eine Auswahl der hoechsten Beamten des
Reiches um sich versammelt habe, Goten und Roemer, unter diesen Cassiodor
und Cethegus.
Dieser hatte zuerst beschlossen, auszubleiben, um nicht durch sein
Erscheinen das Recht anzuerkennen, das sich der Knabe herausnahm: ihm
ahnte nichts gutes. Aber ebendeshalb besann er sich bald eines andern.
"Ich darf der Gefahr nicht den Ruecken, die Stirn muss ich ihr bieten,"
sprach er, als er sich zu dem verhassten Gang anschickte. Er fand in dem
Gemach des Koenigs alle Geladenen bereit
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