n halb einer kaum noch erhaltnen Ruine, halb eines
unvollendeten Neubaus: und die Burg dieses Koenigs erschien so wie ein
Sinnbild seines roemisch-gotischen Reiches, seiner ganzen politischen
halbunfertigen, halbverfallenden Schoepfung. -
An dem Tage aber, der Cethegus nach Jahren hier zuerst wieder eintreten
sah, lastete ein Gewoelk von Spannung, Trauer und Duestre ganz besonders
schwer auf diesem Haus: denn seine koenigliche Seele sollte daraus
scheiden. -
Der grosse Mann, der von hier aus ein Menschenalter lang die Geschicke
Europas gelenkt, den Abendland und Morgenland in Liebe und Hass
bewunderten, der Heros seines Jahrhunderts, der gewaltige Dietrich von
Bern, dessen Namen schon bei seinen Lebzeiten die Sage sich ausschmueckend
bemaechtigt hatte, der grosse Amalungen-Koenig Theoderich sollte sterben.
So hatten es die Aerzte, wenn nicht ihm selbst doch seinen Raeten verkuendet
und alsbald war es hinausgedrungen in die grosse volkreiche Stadt. Obwohl
man seit lange einen solchen Ausgang der geheimnisvollen Leiden des
greisen Fuersten fuer moeglich gehalten, erfuellte doch jetzt die Kunde von
dem drohenden Eintritt des verhaengnisvollen Schlages alle Herzen mit der
hoechsten Aufregung.
Die treuen Goten trauerten und bangten: aber auch bei der roemischen
Bevoelkerung war eine dumpfe Spannung die vorherrschende Empfindung. Denn
hier in Ravenna, in der unmittelbaren Naehe des Koenigs hatten die Italier
die Milde und Hoheit dieses Mannes im allgemeinen zu bewundern und durch
besondere Wohlthaten zu erfahren am haeufigsten Gelegenheit gehabt. Ferner
fuerchtete man nach dem Tode dieses Koenigs, der waehrend seiner ganzen
Regierung, mit einziger Ausnahme der juengsten Kaempfe mit dem Kaiser und
dem Senat, in welchen Boethius und Symmachus geblutet, die Italier vor der
Gewaltthaetigkeit und Rauheit seines Volkes beschuetzt hatte, unter einem
neuen Regiment Haerte und Druck von Seite der Goten zu befahren.
Endlich aber wirkte noch ein Anderes, Hoeheres: die Persoenlichkeit dieses
Heldenkoenigs war so grossartig, so majestaetisch gewesen, dass auch
diejenigen, die seinen und seines Reiches Untergang oft herbeigewuenscht
hatten, doch in dem Augenblick, da nun diese Sonne erloeschen sollte, sich
niedriger Schadenfreude nicht hingeben und ernsterer Erschuetterung nicht
erwehren konnten.
So war die Stadt schon seit grauendem Morgen - da man zuerst vom Palast
Boten nach allen Winden hatte jagen und einzelne Diener in die
|