ntreue war gewiss seinerzeit sehr eindrucksvoll.
Es konnte uns aber ueber die Tatsache nicht hinwegtaeuschen, dass
Oesterreich-Ungarn uns in die bosnische Krisis, auf die dieses Wort gemuenzt
war, ohne bundesbruederliche Verstaendigung ueberraschend hineingezerrt hatte
und dann von uns verlangte, ihm den Ruecken zu decken. Dass wir den
Verbuendeten damals nicht verlassen konnten, war klar. Das haette geheissen,
den russischen Koloss staerken, um dann selbst um so sicherer und
widerstandsloser von ihm erdrueckt zu werden.
Mir als Soldaten musste besonders das Missverhaeltnis zwischen den
politischen Anspruechen Oesterreich-Ungarns und seinen innerpolitischen
sowie militaerischen Kraeften auffallen. Den ungeheuren Ruestungen des nach
dem ostasiatischen Kriege wieder gekraeftigten Russland gegenueber
verstaerkten zwar wir Deutschen unsere Wehr, stellten aber nicht die
gleichen Anforderungen an unseren oesterreichisch-ungarischen
Bundesgenossen. Fuer die Staatsmaenner der Donaumonarchie mochte es sehr
einfach sein, sich gegenueber unseren Anregungen auf Erhoehung der
oesterreichisch-ungarischen Ruestungen hinter Schwierigkeiten ihrer
innerstaatlichen Verhaeltnisse zurueckzuziehen. Warum aber fanden wir keine
Mittel, Oesterreich-Ungarn in dieser Frage vor ein Entweder-Oder zu
stellen? Wir kannten doch die gewaltige zahlenmaessige Ueberlegenheit unserer
voraussichtlichen Gegner. Durften wir es denn dulden, dass der Verbuendete
einen grossen Teil seiner Volkskraefte fuer die gemeinsame Verteidigung brach
liegen liess? Was nuetzte es uns, in Oesterreich-Ungarn ein nach Suedosten
vorgeschobenes Bollwerk zu besitzen, wenn dieses Bollwerk nach allen
Seiten Risse aufwies und nicht genuegend Verteidiger besass, um seine Waelle
zu halten?
Auf eine wirksame Waffenhilfe Italiens zu rechnen, schien mir von jeher
bedenklich. Eine solche war zweifelhaft, selbst bei gutem Willen der
italienischen Staatsmaenner. Wir hatten Gelegenheit gehabt, die Schwaechen
des italienischen Heeres im Tripoliskrieg vollauf zu erkennen. Seitdem
waren die dortigen Verhaeltnisse bei den schwer erschuetterten Finanzen des
Staates kaum besser geworden. Schlagbereit war Italien jedenfalls nicht.
In diesen Richtungen bewegten sich meine damaligen Betrachtungen und
Sorgen. Ich hatte den Krieg schon zweimal kennengelernt, jedesmal unter
kraftvoller politischer Fuehrung vereint mit einfachen, klaren
kriegerischen Zielen. Ich fuerchtete den Krieg nicht, auch jetzt
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