r war unter Kirchenvaeter und Diplomen vergraben
und schrieb wider die Pfaffe und Basnagen, als er, auf gesellschaftliche
Veranlassung, seine "Merope" vor die Hand nahm, und sie in weniger als
zwei Monaten zustande brachte. Wenn dieser Mann unter solchen
Beschaeftigungen, in so kurzer Zeit, ein Meisterstueck gemacht haette, so
muesste er der ausserordentlichste Kopf gewesen sein; oder eine Tragoedie
ueberhaupt ist ein sehr geringfuegiges Ding. Was indes ein Gelehrter von
gutem klassischen Geschmacke, der so etwas mehr fuer eine Erholung als fuer
eine Arbeit ansieht, die seiner wuerdig waere, leisten kann, das leistete
auch er. Seine Anlage ist gesuchter und ausgedrechselter, als gluecklich;
seine Charaktere sind mehr nach den Zergliederungen des Moralisten, oder
nach bekannten Vorbildern in Buechern, als nach dem Leben geschildert;
sein Ausdruck zeugt von mehr Phantasie, als Gefuehl; der Literator und der
Versifikateur laesst sich ueberall spueren, aber nur selten das Genie und
der Dichter.
Als Versifikateur laeuft er den Beschreibungen und Gleichnissen zu sehr
nach. Er hat verschiedene ganz vortreffliche, wahre Gemaelde, die in
seinem Munde nicht genug bewundert werden koennten, aber in dem Munde
seiner Personen unertraeglich sind und in die laecherlichsten
Ungereimtheiten ausarten. So ist es z.E. zwar sehr schicklich, dass
Aegisth seinen Kampf mit dem Raeuber, den er umgebracht, umstaendlich
beschreibet, denn auf diesen Umstaenden beruhet seine Verteidigung; dass er
aber auch, wenn er den Leichnam in den Fluss geworfen zu haben bekennet,
alle, selbst die allerkleinsten Phaenomena malet, die den Fall eines
schweren Koerpers ins Wasser begleiten, wie er hineinschiesst, mit welchem
Geraeusche er das Wasser zerteilet, das hoch in die Luft spritzet, und wie
sich die Flut wieder ueber ihn zuschliesst:[1] das wuerde man auch nicht
einmal einem kalten geschwaetzigen Advokaten, der fuer ihn spraeche,
verzeihen, geschweige ihm selbst. Wer vor seinem Richter stehet und sein
Leben zu verteidigen hat, dem liegen andere Dinge am Herzen, als dass er
in seiner Erzaehlung so kindisch genau sein koennte.
Als Literator hat er zu viel Achtung fuer die Simplizitaet der alten
griechischen Sitten und fuer das Kostuem bezeugt, mit welchem wir sie bei
dem Homer und Euripides geschildert finden, das aber allerdings um etwas,
ich will nicht sagen veredelt, sondern unserm Kostueme naeher gebracht
werden muss, wenn es der Ruehrung im Trauerspie
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