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Nation imstande ist, aus Hingabe zu einem vaterlaendischen Ideal jegliche
Art von Sonderinteressen bis zur voelligen Hinopferung zurueckzustellen. In
eigenartigem Gegensatz hierzu steht das im letzten grossen Kriege oft bis
zum Sadismus gesteigerte und daher nicht durch zu lebhaftes Temperament
entschuldbare Verhalten der Franzosen gegen wehrlose Gefangene.
Am Tage nach meinem Besuch in Paris hatte das Gardekorps die hohe Ehre und
unendliche Freude, vor seinem Kaiser und Koenig auf den Longchamps in
Parade zu stehen. In alter preussischer Strammheit defilierten die
kampferprobten Regimenter vor ihrem Kriegsherrn, auf dessen Befehl sie
jederzeit bereit waren, erneut ihr Leben fuer den Schutz und die Ehre des
Vaterlandes einzusetzen. Zu einem wirklichen Einzug in Paris, wie er
vorher andern Armeekorps beschieden gewesen war, kam es fuer uns nicht
mehr, weil inzwischen der Praeliminarfriede abgeschlossen war und
Deutschland den in ehrlichem Kampfe besiegten Gegner nicht den Kelch der
Demuetigung bis auf die Neige leeren lassen wollte.
Festlich begingen wir dann auch vor Paris am 22. Maerz den Geburtstag
Seiner Majestaet. Es war ein herrlicher, warmer Fruehlingstag mit
Feldgottesdienst im Freien, Salutschiessen der Forts und Festessen der
Offiziere und Mannschaften. Die frohe Aussicht, nach treu erfuellter
Pflicht nun bald in die Heimat zurueckkehren zu koennen, liess die Stimmung
doppelt gehoben sein.
Aber ganz so frueh, als wir hofften, sollten wir Frankreich nicht
verlassen. Wir mussten vielmehr zunaechst noch an der Nordfront von Paris in
und bei St. Denis stehenbleiben und wurden dort Zeugen des Kampfes der
franzoesischen Regierung gegen die Kommune.
Die erste Entwickelung der neuen revolutionaeren Ereignisse hatten wir
schon waehrend der Belagerung verfolgen koennen. Die Zuchtlosigkeit extremer
politischer Kreise dem Gouverneur von Paris gegenueber war uns bekannt. Als
die Waffenruhe eintrat, begann die umstuerzlerische Bewegung sich immer
mehr hervorzuwagen. Bismarck hatte den franzoesischen Machthabern
zugerufen: "Sie sind durch die Revolution emporgekommen, eine neue
Revolution wird Sie wieder wegfegen." Er schien recht behalten zu sollen.
Im allgemeinen war unser Interesse an diesen umstuerzlerischen Vorgaengen
anfaenglich gering. Erst von Mitte Maerz ab, als die Kommune die Herrschaft
an sich zu reissen begann, und die Entwickelung immer mehr zum offenen
Kampfe zwischen Versailles und Paris draengte, e
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