en getoedtet, an Ort und Stelle geprueft und
nicht uebertrieben gefunden habe. Recht aber hat Meinicke darin, dass
auch er diese Sitte fuer eine sehr alte ansieht.
Allein sonst ist seine Ansicht schwerlich richtig. Mag auch spaeterhin,
und er hat es gewiss sehr reichlich gethan, der Unterschied zwischen
Volk und Adel dem Kindermord weitere Ausdehnung verliehen haben;
veranlasst hat er ihn gewiss nicht, wofuer zunaechst spricht, dass wir in
Suedamerika den Kindermord fast in aehnlicher Ausdehnung wie in
Polynesien, jenen Standesunterschied aber nicht vorfanden. Aber auch fuer
Polynesien allein wird es bedenklich, den letzteren als alleinige
Ursache des ersteren anzusehen, wenn man Folgendes erwaegt. Williams
sagt, wie wir schon vorhin sahen, dass ein niederer Mann durch
Kindermord sich dem Stand seiner vornehmeren Frau angleichen kann; was
Meinicke, wohl nur durch einen Irrthum seinerseits, fuer einen Irrthum
hielt. Denn aller Rang vererbte durch die Mutter; der Adel war ferner
eine mit Seele begabte, goettliche Klasse, im Gegensatz zu dem
unbeseelten, irdischen Volk. Kinderseelen nun, welche nach Moerenhout fuer
besonders heilig gehalten und zu denen als Vermittlern zwischen Goettern
und Menschen besonders gebetet wurde, konnten, wenn fuer den unbeseelten
Mann geopfert, ihm, sei es durch direkten Uebergang in ihn, oder sei es
durch Vermittlung bei den Goettern, zu einer Seele verhelfen, wodurch er
zu hoeherem Rang emporstiege. Die Areois sind eine religioese
Gesellschaft; religioese Scheu zeigte sich in der Art, wie man
(wenigstens in Tahiti) die Kinder umbrachte; man hat sie also in vielen
Faellen vielleicht nur getoedtet, um Schutzgeister zu haben oder sie als
Opfer fuers eigene Leben--solche Opfer werden wir gleich noch mehr
sehen--den Goettern darzubringen. Dieselbe Bedeutung hat wohl der
Kindermord in Mikro-und Melanesien gehabt, wie einzelne Spuren noch
andeuten, wenn sich auch Zwingendes nicht dafuer anfuehren laesst als eben
ihre Verwandtschaft mit den Polynesiern. Wenn aber Meinicke sagt, die
Sitte muesse ueberall geherrscht haben und sei, wo wir sie nicht erwaehnt
finden, wie in Tonga, nur uebersehen, so kann man das nicht zugeben; der
so feinen und scharfen Beobachtung Mariners haette sich ein so
auffallender Gebrauch nicht entziehen koennen und er fuehrt 2, 18-19 einen
Fall der Art ausdruecklich als etwas Ausserordentliches an. Aber moeglich
ist es, ja wahrscheinlich, dass die Sitte auch in Tonga urspruengli
|