aber durch solche
vergleichende Schilderungen, so sehr sie wissenschaftlich foerderlich seyn
moegen, erfaehrt man wenig vom Naturcharakter des gemaessigten und des heissen
Erdstrichs. Am Gestade eines Sees, in einem grossen Walde, am Fuss mit
ewigem Eis bedeckter Berggipfel ist es nicht die materielle Groesse, was uns
mit dem heimlichen Gefuehle der Bewunderung erfuellt. Was zu unserem Gemuethe
spricht, was so tiefe und mannigfache Empfindungen in uns wach ruft,
entzieht sich der Messung, wie den Sprachformen. Wenn man Naturschoenheiten
recht lebhaft empfindet, so mag man Landschaften von verschiedenem
Charakter gar nicht vergleichen; man wuerde fuerchten sich selbst im Genuss
zu stoeren.
Die Ufer des Sees von Valencia sind aber nicht allein wegen ihrer
malerischen Reize im Lande beruehmt; das Becken bietet verschiedene
Erscheinungen, deren Aufklaerung fuer die Naturforschung und fuer den
Wohlstand der Bevoelkerung von gleich grossem Interesse ist. Aus welchen
Ursachen sinkt der Seespiegel? Sinkt er gegenwaertig rascher als vor
Jahrhunderten? Laesst sich annehmen, dass das Gleichgewicht zwischen dem
Zufluss und dem Abgang sich ueber kurz oder lang wieder herstellt, oder ist
zu besorgen, dass der See ganz eingeht?
Nach den astronomischen Beobachtungen in Victoria, Hacienda de Cura, Nueva
Valencia und Guigue ist der See gegenwaertig von Cagua bis Guayos 10 Meilen
oder 28000 Toisen lang. Seine Breite ist sehr ungleich; nach den Breiten
an der Einmuendung des Rio Cura und beim Dorfe Guigue zu urtheilen, betraegt
sie nirgends ueber 2, 3 Meilen oder 6500 Toisen, meist nur 4--5000. Die
Maasse, die sich aus meinen Beobachtungen ergeben, sind weit geringer als
die bisherigen Annahmen der Eingeborenen. Man koennte meinen, um das
Verhaeltniss der Wasserabnahme genau kennen zu lernen, brauche man nur die
gegenwaertige Groesse des Sees mit der zu vergleichen, welche alte
Chronikschreiber, z. B. OVIEDO in seiner ums Jahr 1723 veroeffentlichten
"_Geschichte der Provinz Venezuela_," angeben. Dieser Geschichtschreiber
laesst in seinem hochtrabenden Styl "dieses Binnenmeer, diesen _monstruoso
cuerpo de la laguna de Valencia_", 14 Meilen lang und 6 breit seyn; er
berichtet, in geringer Entfernung vom Ufer finde das Senkblei keinen Grund
mehr, und grosse schwimmende Inseln bedecken die Seeflaeche, die fortwaehrend
von den Winden aufgeruehrt werde. Unmoeglich laesst sich auf Schaetzungen
Gewicht legen, die auf gar keiner Messung beruhen
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