mal das Gleichgewicht
zwischen dem Zufluss einerseits und der Verdunstung und Einsickerung
andererseits voellig hergestellt ist. Die sehr verbreitete Meinung, der See
werde ganz verschwinden, scheint mir durchaus ungegruendet. Wenn in Folge
starker Erdbeben oder aus andern gleich unerklaerten Ursachen zehn nasse
Jahre auf eben so viele trockene folgten, wenn sich die Berge wieder mit
Wald bedeckten, wenn grosse Baeume das Seeufer und die Thaeler beschatteten,
so wuerde im Gegentheil das Wasser steigen und den schoenen Pflanzungen, die
gegenwaertig das Seebecken saeumen, gefaehrlich werden.
Waehrend in den Thaelern von Aragua die einen Pflanzer besorgen, der See
moechte ganz eingehen, die andern, er moechte wieder zum verlassenen Gestade
heraufkommen, hoert man in Caracas alles Ernstes die Frage eroertern, ob man
nicht, um mehr Boden fuer den Landbau zu gewinnen, aus dem See einen Canal
dem Rio Pao zu graben und ihn in die Llanos ableiten sollte. Es ist nicht
zu laeugnen, dass solches moeglich waere, namentlich wenn man Canaele unter dem
Boden, Stollen anlegte. Dem allmaehligen Ruecktritt des Wassers verdankt das
herrliche, reiche Bauland von Maracay, Cura, Mocundo, Guigue und Santa
Cruz del Escoval mit seinen Tabak-, Zucker-, Kaffee, Indigo und
Cacaopflanzungen seine Entstehung; wie kann man aber nur einen Augenblick
bezweifeln, dass nur der See das Land so fruchtbar macht? Ohne die
ungeheure Dunstmasse, welche Tag fuer Tag von der Wasserflaeche in die Luft
aufsteigt, waeren die Thaeler von Aragua so trocken und duerr, wie die Berge
umher.
Der See ist im Durchschnitt 12--15, und an den tiefsten Stellen nicht, wie
man gemeiniglich annimmt 80, sondern nur 35--40 Faden tief. Diess ist das
Ergebniss der sorgfaeltigen Messungen Don Antonio Manzanos mit dem Senkblei.
Bedenkt man, wie ungemein tief alle Schweizer See sind, so dass, obgleich
sie in hohen Thaelern liegen, ihr Grund fast auf den Spiegel des
Mittelmeeres hinabreicht, so wundert man sich, dass der Boden des Sees von
Valencia, der doch auch ein Alpsee ist, keine bedeutenderen Tiefen hat.
Die tiefsten Stellen sind zwischen der Felseninsel Burro und der
Landspitze Cana Fistula, so wie den hohen Bergen von Mariara gegenueber; im
Ganzen aber ist der suedliche Theil des Sees tiefer als der noerdliche. Es
ist nicht zu vergessen, dass jetzt zwar das ganze Ufer flach ist, der
suedliche Theil des Beckens aber doch am naechsten bei einer steil
abfallenden Gebirgskette liegt
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