kommen nun noch als gleichfalls sehr wichtige Faktoren zweitens die
heftigen Kriege, die sie untereinander fuehrten, drittens die in Folge
der Lebensweise geringere Fruchtbarkeit der Weiber und viertens in
Suedamerika (in Nordamerika war beides zu wenig verbreitet) der
Kindermord, die Ausschweifungen, namentlich der Trunk.
Und hier muessen wir auf jene schon oben (S. 11) erwaehnte Beobachtung
Tschudis zurueckkommen, dass amerikanische Voelker, nach einem sehr
verheerenden Krieg, nach einer sehr schlimmen Epidemie sich nie wieder
zu ihrer frueheren Kraft erhoeben, sondern hoechstens in diesem reducirten
Zustand ein elendes Leben weiter fristeten. Diese betruebende Erscheinung
ist leider nur allzunatuerlich. Denn wie ein menschlicher Organismus, der
sich von einer furchtbaren Krankheit erholt, nur durch lange und
sorgsame Pflege seine fruehere Kraft wieder zu gewinnen im Stande ist:
eben so ist es der Fall bei ganzen Voelkern. Durch das von uns
geschilderte mannigfache Elend aber, in welchem diese Staemme sich auch
sonst noch befinden, werden alle ihre Kraefte schon auf die Erhaltung des
Lebens, wie es nun einmal ist, absorbirt und es bleibt kein Ueberschuss
uebrig fuer Wiederherstellung des Verlorenen oder Verletzten. Auch wird
durch solche furchtbare Schicksale die Lebenskraft selbst schwer
verletzt, indem bei so massenhaftem Elend nothwendig laehmende
Melancholie oder Apathie eintritt.
Die Fruchtbarkeit der Weiber, ja auch der Zeugungstrieb der Maenner wird
durch den steten Druck der Sorge und Noth, der fast noch schwerer auf
der Seele ruht als auf dem Leib, wesentlich beeintraechtigt; und ein
Schlag, den diese Voelker, wenn sie sich in besserer, hoffnungsvollerer
Lage befaenden, mehr oder minder leicht ueberwinden wuerden, muss jetzt
nothwendig hoechst gefaehrlich, ja toedtlich auf sie wirken. Schaffte man
das Elend, das leiblich und geistig auf ihnen lastet, weg--wozu indess
ebenso viel Umsicht und Energie als Ausdauer und Zeit gehoerte--so wuerden
auch solche reducirten Voelker sich heben und mit den Jahren, die man
nicht allzu kaerglich bemessen duerfte, das werden, woran die
suedamerikanischen Staaten denn doch keinen allzugrossen Ueberfluss
haben: brauchbare und zuverlaessige Buerger. Die Indianerstaemme, welche
man jetzt in den Waeldern verkommen laesst oder gar absichtlich mordet und
ausrottet, sind ein Capital, was bei vernuenftiger Behandlung fuer die
Zukunft reichlich Zinsen tragen wuerde und was man jet
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