m vierten Plane den Vorzug vor allen
erteilet, sind ja die, welche sich ungluecklich schliessen? Und das ist ja
eben der Widerspruch, den Dacier heben wollte. Hat er ihn denn also
gehoben? Bestaetiget hat er ihn vielmehr.
----Fussnote
[1] Dieses vorausgesetzt (wie man es denn wohl sicher voraussetzen kann,
weil es bei den alten Dichtern nicht gebraeuchlich und auch nicht erlaubt
war, einander solche eigene Situationen abzustehlen), wuerde sich an der
angezogenen Stelle des Plutarchs ein Fragment des Euripides finden,
welches Josua Barnes nicht mitgenommen haette und ein neuer Herausgeber
des Dichters nutzen koennte.
----Fussnote
Achtunddreissigstes Stueck
Den 8. September 1767
Ich bin es auch nicht allein, dem die Auslegung des Dacier keine Genuege
leistet. Unsern deutschen Uebersetzer der Aristotelischen Dichtkunst[1]
hat sie ebensowenig befriediget. Er traegt seine Gruende dagegen vor, die
zwar nicht eigentlich die Ausflucht des Dacier bestreiten, aber ihn doch
sonst erheblich genug duenken, um seinen Autor lieber gaenzlich im Stiche
zu lassen, als einen neuen Versuch zu wagen, etwas zu retten, was nicht
zu retten sei. "Ich ueberlasse", schliesst er, "einer tiefern Einsicht,
diese Schwierigkeiten zu heben; ich kann kein Licht zu ihrer Erklaerung
finden, und scheinet mir wahrscheinlich, dass unser Philosoph dieses
Kapitel nicht mit seiner gewoehnlichen Vorsicht durchgedacht habe."
Ich bekenne, dass mir dieses nicht sehr wahrscheinlich scheinet. Eines
offenbaren Widerspruchs macht sich ein Aristoteles nicht leicht schuldig.
Wo ich dergleichen bei so einem Manne zu finden glaube, setze ich das
groessere Misstrauen lieber in meinen, als in seinen Verstand. Ich
verdoppele meine Aufmerksamkeit, ich ueberlese die Stelle zehnmal und
glaube nicht eher, dass er sich widersprochen, als bis ich aus dem ganzen
Zusammenhange seines Systems ersehe, wie und wodurch er zu diesem
Widerspruche verleitet worden. Finde ich nichts, was ihn dazu verleiten
koennen, was ihm diesen Widerspruch gewissermassen unvermeidlich machen
muessen, so bin ich ueberzeugt, dass er nur anscheinend ist. Denn sonst
wuerde er dem Verfasser, der seine Materie so oft ueberdenken muessen, gewiss
am ersten aufgefallen sein, und nicht mir ungeuebterm Leser, der ich ihn
zu meinem Unterrichte in die Hand nehme. Ich bleibe also stehen, verfolge
den Faden seiner Gedanken zurueck, ponderiere ein jedes Wort und sage mir
immer: Aristoteles kann irren,
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