er
sich doch mit der Vorstellung nicht uebereilen zu wollen, welche erst im
Jahre 1743 erfolgte. Er genoss von seiner staatsklugen Verzoegerung auch
alle die Fruechte, die er sich nur immer davon versprechen konnte.
"Merope" fand den ausserordentlichsten Beifall, und das Parterre erzeigte
dem Dichter eine Ehre, von der man noch zurzeit kein Exempel gehabt
hatte. Zwar begegnete ehedem das Publikum auch dem grossen Corneille sehr
vorzueglich; sein Stuhl auf dem Theater ward bestaendig freigelassen, wenn
der Zulauf auch noch so gross war, und wenn er kam, so stand jedermann
auf; eine Distinktion, deren in Frankreich nur die Prinzen vom Gebluete
gewuerdiget werden. Corneille ward im Theater wie in seinem Hause
angesehen; und wenn der Hausherr erscheinet, was ist billiger, als dass
ihm die Gaeste ihre Hoeflichkeit bezeigen? Aber Voltairen widerfuhr noch
ganz etwas anders; das Parterre ward begierig, den Mann von Angesicht zu
kennen, den es so sehr bewundert hatte; wie die Vorstellung also zu Ende
war, verlangte es ihn zu sehen und rufte und schrie und laermte, bis der
Herr von Voltaire heraustreten und sich begaffen und beklatschen lassen
musste. Ich weiss nicht, welches von beiden mich hier mehr befremdet haette,
ob die kindische Neugierde des Publikums oder die eitele Gefaelligkeit des
Dichters. Wie denkt man denn, dass ein Dichter aussieht? Nicht wie andere
Menschen? Und wie schwach muss der Eindruck sein, den das Werk gemacht
hat, wenn man in eben dem Augenblicke auf nichts begieriger ist, als die
Figur des Meisters dagegen zu halten? Das wahre Meisterstueck, duenkt mich,
erfuellet uns so ganz mit sich selbst, dass wir des Urhebers darueber
vergessen; dass wir es nicht als das Produkt eines einzeln Wesens, sondern
der allgemeinen Natur betrachten. Young sagt von der Sonne, es waere Suende
in den Heiden gewesen, sie nicht anzubeten. Wenn Sinn in dieser Hyperbel
liegt, so ist es dieser: der Glanz, die Herrlichkeit der Sonne ist so
gross, so ueberschwenglich, dass es dem rohern Menschen zu verzeihen, dass es
sehr natuerlich war, wenn er sich keine groessere Herrlichkeit, keinen Glanz
denken konnte, von dem jener nur ein Abglanz sei, wenn er sich also in
der Bewunderung der Sonne so sehr verlor, dass er an den Schoepfer der
Sonne nicht dachte. Ich vermute, die wahre Ursache, warum wir so wenig
Zuverlaessiges von der Person und den Lebensumstaenden des Homers wissen,
ist die Vortrefflichkeit seiner Gedichte selbst. Wir stehen v
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