betriegen will, indem er das
Kleine auf Stelzen hebet, mutwilligen Torheiten den Anstrich heiterer
Weisheit gibt und Laster und Ungereimtheiten mit allen betriegerischen
Reizen der Mode, des guten Tons, der feinen Lebensart, der grossen Welt
ausstaffieret. Je mehr unsere ersten Blicke dadurch geblendet werden,
desto strenger verfaehrt unsere Ueberlegung; das haessliche Gesicht, das wir
so schoen geschminkt sehen, wird fuer noch einmal so haesslich erklaert, als
es wirklich ist; und der Dichter hat nur zu waehlen, ob er von uns lieber
fuer einen Giftmischer oder fuer einen Bloedsinnigen will gehalten sein. So
waere es dem Favart, so waere es seinen Charakteren des Solimans und der
Roxelane ergangen; und das empfand Favart. Aber da er diese Charaktere
nicht von Anfang aendern konnte, ohne sich eine Menge Theaterspiele zu
verderben, die er so vollkommen nach dem Geschmacke seines Parterres zu
sein urteilte, so blieb ihm nichts zu tun uebrig, als was er tat. Nun
freuen wir uns, uns an nichts vergnuegt zu haben, was wir nicht auch
hochachten koennten; und zugleich befriediget diese Hochachtung unsere
Neugierde und Besorgnis wegen der Zukunft. Denn da die Illusion des Drama
weit staerker ist, als einer blossen Erzaehlung, so interessieren uns auch
die Personen in jenem weit mehr, als in dieser, und wir begnuegen uns
nicht, ihr Schicksal bloss fuer den gegenwaertigen Augenblick entschieden zu
sehen, sondern wir wollen uns auf immer desfalls
zufriedengestellet wissen.
----Fussnote
[1]
Sultan, j'ai penetre ton ame;
J'en ai demele les ressorts.
Elle est grande, elle est fiere, et la gloire l'enflamme,
Tant de vertus excitent mes transports.
A ton tour, tu vas me connaitre:
Je t'aime, Soliman; mais tu l'as merite.
Reprends tes droits, reprends ma liberte;
Sois mon Sultan, mon Heros et mon Maitre.
Tu me soupconnerais d'injuste vanite.
Va, ne fais rien que ta loi n'autorise;
Il est des prejuges qu'on ne doit point trahir,
Et je veux un Amant, qui n'ait point a rougir:
Tu vois dans Roxelane une Esclave soumise.
----Fussnote
Sechsunddreissigstes Stueck
Den 1. September 1767
So unstreitig wir aber, ohne die glueckliche Wendung, welche Favart am
Ende dem Charakter der Roxelane gibt, ihre darauf folgende Kroenung nicht
anders als mit Spott und Verachtung, nicht anders als den laecherlichen
Triumph einer "Serva Padrona" wuerden betrachtet haben; so gewiss, ohne
sie, d
|