Blaettern oder Scheinknollen kommt bei weitem der grossen Mehrzahl der
epiphytischen Orchideen, die ich auf meinen tropischen Reisen zu sehen
bekam, zu. Derartige Schutzvorrichtungen gegen Wassernoth sind nicht, wie
es P. KRUeGER auf Grund der Literatur annehmen zu koennen glaubt, fuer die
Bewohner besonders trockener, sonniger Standorte charakteristisch, sondern
kommen ausnahmslos den zahlreichen Formen zu, die in feuchter Luft und
gedaempftem Lichte die oberen Aeste der Urwaldbaeume ueberwuchern. Auch unter
solchen, im Uebrigen fuer epiphytisches Pflanzenleben guenstigen Bedingungen
ist die Anwesenheit von Wasserbehaeltern bei der Beschaffenheit des
Substrats nothwendig; es waere sogar ein Irrthum, zu glauben, dass solche
bei Arten sehr sonniger, trockener Standorte besonders entwickelt waeren;
soweit erkennbar, bestehen die Schutzmittel in solchen Faellen vielmehr
hauptsaechlich in Reduction der transpirirenden Oberflaeche (Oncidium-,
Jonopsis-, Brassavola-, Cattleya-Arten etc.). Ich fand auf maechtigen,
uebereinander gehaeuften Felsbloecken bei Desterro Exemplare einer
Pleurothallis-Art, die theils der groessten Sonnengluth ausgesetzt, theils
in tiefen, schattigen, humusfuehrenden Verstecken wuchsen; der Unterschied
in der Groesse der transpirirenden Oberflaeche war sehr auffallend, waehrend
die Ausbildung des Wassergewebes und der Cuticula ungefaehr gleich war. Die
nur an den trockensten, sonnigsten Standorten vorkommende Cattleya bicolor
besitzt in ihren saftreichen, fleischigen Blaettern und schwach
angeschwollenen Stengeln kein differenzirtes Wassergewebe.
Nach dem Vorhergehenden bilden sowohl die Orchideen, die in der Krone der
Urwaldbaeume wachsen, als diejenigen, die sehr trockene und sonnige
Standorte bewohnen, Wasservorraethe. Der Einfluss der ungleichen
Existenzbedingungen zeigt sich aber darin, dass die an direktem
Sonnenlichte gedeihenden Formen knollenlos und dickblaetterig sind, waehrend
die duennblatterigen, knollenbildenden Arten im Allgemeinen eine feuchtere
Luft beanspruchen. Ich habe von dieser Regel nur wenige Ausnahmen gesehen.
Epiphytische Orchideen, die in keinem ihrer Organe Wasser aufspeichern,
kommen nur im tiefen Schatten des Urwalds vor, wie einige Arten von
Zygopetalum, Stelis und der zierlichen Neottieengattung Stenoptera.
6. Wir finden bei den Formen dieser Gruppe nicht blos Schutzmittel _gegen_
Austrocknen, sondern _auch Vorrichtungen, durch welche die spaerlichen
Naehrstoffe des
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