n sich
dereinst nicht mehr als Graubaerte mit Entruestung ueber ihre Schulzeit
unterhalten.
Wenn einmal die Rede darauf kommt, breche ich heute noch eine Lanze fuer
die humanistische Schulbildung. Ich habe Gruende dagegen anfuehren hoeren,
die mir sehr vernuenftig, aber nie ueberzeugend vorkamen. Dass die
Naturwissenschaften heute einen ganz andern Rang einnehmen als zu der
Zeit, da der Lehrplan fuer humanistische Gymnasien festgesetzt wurde, kann
wohl nicht bestritten werden, aber immer gewinnen mich gleich wieder die
fuer sich, die Zweckmaessigkeit nicht als ausschlaggebend fuer die Bildung des
Geistes gelten lassen. Wenn ich nachdenke, was in meinem Schulranzen von
frueher her geblieben ist, so finde ich wenig an positiven Kenntnissen,
wohl aber manches an Gesamteindruecken, Anregungen und Stimmungen, die mir
foerderlich waren.
Immer bleibt es mir ein Gewinn, dass ich Homer in der Ursprache gelesen
habe. Keine andere Dichtung kann empfaengliche Jugend, waehrend sie ihre
Phantasie anregt, so in das eigentliche Wesen der Dichtkunst einfuehren wie
die Odyssee. Ehrwuerdig durch ihr Alter, durch ihre Wirkung auf viele
Geschlechter der Menschen, zeigt sie ihr in herrlicher Sprache die
Unwandelbarkeit natuerlichen Empfindens. Die Wirkung dieser Einfachheit und
Wahrheit auf ein junges Gemuet laesst sich nicht scharf umgrenzen; sie bleibt
haften und vermag uns nach manchen Irrgaengen zum Verstaendnisse echter
Groesse zurueckzufuehren.
Heute noch steht mir die Schilderung, wie die Schaffnerin Eurykleia den
Herrn an der Narbe wiedererkennt, oder jene, wie Argos, der Hund, von
Ungeziefer zerfressen, auf dem Lager das Haupt und die Ohren hebt, da ihm
nach zwanzig Jahren Odysseus naht, weit ueber allem. Und weil sie mich
damals tief ergriffen, glaube ich fest daran, dass sie mir den Weg zum
rechten Verstaendnisse wiesen. Ich habe ueber die Lektuere Homers manches
andere vernachlaessigt, wie ich ueberhaupt mein Interesse fuer bestimmte
Faecher gerne uebertrieb.
Ich konnte mich nur schwer in gleichmaessige Ordnung fuegen, und noch weniger
gelang es mir, in der Schule aufmerksam zu bleiben. Dazu kam, dass ich
vieles begann, eine Zeitlang mit Freude betrieb und dann wieder achtlos
liegenliess. So erinnere ich mich, dass ich einige Monate hindurch eifrigst
Zeichnungen zur Odyssee machte, zu denen ich in verschiedenen Buechern
Unterlagen fand; ich kolorierte sie saeuberlich, erwarb mir damit auch die
Anerkennung eines noch zieml
|