gen
gab es keine Aufregungen; wenigstens keine so lauten, dass hellhoerige
Gymnasiasten was davon vernommen haetten.
Zur Weihnachtsbuecherzeit lag ein Band Ebers in der Auslage, daneben was
Germanisches von Dahn.
Von ihnen hoerte man in der Entfernung, die fuer einen Schueler abgesteckt
war, am meisten.
Freytags "Ahnen" und Scheffels Werke standen in Ansehen bei uns. Nur
wenige kannten Storm, Keller, Raabe, Fontane, Konrad Ferdinand Meyer, aber
dass auch damals die Jungen schon gescheit zu reden wussten, beweist mir die
Erinnerung an ein Gespraech mit einem Mitschueler, der mir bei der Nachricht
vom Tode Auerbachs klarmachte, dass dieser Schriftsteller bedeutend
ueberschaetzt worden sei.
Ich glaube, dass ich den klugen Altersgenossen bewundert habe, denn ich
hatte keine Anlagen zur Zweifelsucht; auch was mir nicht gefiel, war mir
schon fast durch die Tatsache, dass es gedruckt war, dem Urteil entrueckt.
Einen eigenartigen Eindruck machte auf mich ein kleines Buch, das ich als
Siebzehnjaehriger in der dritten Gymnasialklasse in die Haende bekam.
Es war Fritz Mauthners "Nach beruehmten Mustern", worin Auerbach, Freytag,
Scheffel u. a. parodiert waren. Die scharfen Karikaturen wirkten nicht
bloss erheiternd auf mich; sie quaelten mich geradezu, weil sie mir mit
einem Schlage den unbefangenen Glauben an eine Vollkommenheit nahmen, die
mir unantastbar erschienen war.
Ich liess mich eine Zeitlang mit Zoegern auf Enthusiasmus ein; denn was
waren Illusionen, die mit einer Zeile zerstoert werden konnten? "'ktober
war's; der Wein geraten ...", diese Parodie auf Scheffelsche Verse blieb
mir lange im Gedaechtnis.
Ich hatte einen wachen Sinn fuer bildende Kunst, und vor den Schaufenstern
der Kunsthandlungen konnte ich lange stehen. Den Historienbildern im alten
Nationalmuseum, den Ausstellungen im Kunstverein widmete ich lebhaftes
Interesse; und wenn ich an die Eindruecke, die ich empfing, zurueckdenke,
sehe ich eine bestimmte Entwicklung des Geschmackes.
Ich hatte kein fruehreifes Urteil und musste immer gegen einen
festgewurzelten Respekt kaempfen, bevor ich mich von einer Sache abwandte,
die Geltung und Ansehen hatte. Ja, ich erinnere mich wohl, dass ich mich
zur Bewunderung zwingen wollte und den Fehler bei mir suchte, wenn es mir
nicht gelang. Aber auf die Dauer lassen sich Zweifel, die auf innerlichem
Erleben und auf unbewusstem Wachsen beruhen, nicht unterkriegen. So weiss
ich, wie ich mich geradezu dan
|