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t wohl so malen lassen, wie sie war, und jede Stimmung so, wie sie der Kuenstler erlebte und empfand, aber es gab auch damals einzig richtige Methoden, hinter die die Persoenlichkeit zuruecktrat. Ein Sonderling war Flad, dem es nicht zum besten ging. Mit einem dicken Knueppel bewaffnet, den er nach klaeffenden Hunden warf, lief er tagelang im Moos herum und sprach eifrig vor sich hin. Zuweilen schloss er sich mir auf einem Spaziergange an und trug Stellen aus Scherrs "Bluecher und seine Zeit" vor. Er schien das Buch auswendig zu koennen. Bei Hoelzel, einem liebenswuerdigen Oesterreicher, der Kenntnisse und Interesse und ein lehrhaftes Wesen hatte, gab es immer anregende Unterhaltung, und ich verdankte ihm manchen Hinweis auf gute Buecher. Besonders die Russen und einige Skandinavier lernte ich durch ihn kennen; ich bereute es nicht, ihnen erst spaeter und mit gereifterem Urteil begegnet zu sein. Anna Karenina wurde und blieb ein Lieblingsbuch von mir; aber Raskolnikow konnte ich nicht zu Ende lesen. Die unheimliche Schilderung jeder Regung einer Seele, die zum Verbrechen wie zu etwas Notwendigem und fast Selbstverstaendlichem hingedraengt wird, erschuetterte mich so, dass ich das Buch immer wieder weglegte, so oft ich danach griff. Mit geteilten Empfindungen nahm ich Ibsens "Baumeister Solness" auf; da schien mir zuviel mit Absicht hineingeheimnist zu sein, und die Menschen gingen auf Stelzen. Ich glaube, solche Gedanken waren damals sehr ketzerisch, denn etliche Paepste zu Berlin hatten laengst die Infallibilitaet des grossen Norwegers verkuendigt. Aber mir fehlte stets die Fuehrung durch den literarischen Zirkel, und ich musste alles unmittelbar auf mich wirken lassen, ohne vorher zu wissen, was die Mode verlangte. Denke ich zurueck, so meine ich fast, ich haette damals unbewusst schon den Reiz empfunden, den, wie Gottfried Keller sagt, das Verfolgen der Kompositionsgeheimnisse und des Stils gewaehrt. Heute erblicke ich jedenfalls darin das Anziehendste, hinter den Zeilen den Autor beim Schaffen zu sehen und aus dem Worte die Stimmung und aus der Stimmung Gedanken, die sich schufen, zu erraten. Wenn man das recht genossen hat, ist man gefeit gegen Literaturzirkel und ihre Dogmen. Am 1. Januar 1896 erschien die erste Nummer der "Jugend". Ich kann noch heute das Titelbild dieses Heftes nicht sehen, ohne mich ergriffen zu fuehlen von der Erinnerung an jene Zeit und von der Sehnsucht nach ihr, die voll
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