meln unterblieben. Es war eine reizvolle Arbeit,
die wir zwanglos, fast spielend erledigten, und bei dieser unbekuemmerten
Beschaeftigung mit den Zeitereignissen, die wir, allen Parteidoktrinen
abgeneigt, vom gemeinsamen kuenstlerischen Standpunkte aus beurteilten,
hielten wir uns frei von Pathos und duenkelhafter Theorie.
Natuerlich war uns die ziemlich weitgreifende Wirkung unserer Aeusserungen
nicht gleichgueltig, aber dabei machte uns die sich in Phrasen austobende
Entruestung der Gegner viel mehr Spass als die Zustimmung der Anhaenger. Die
aufgestoerten Philister wollten den Kampf gegen Spott mit sehr plumpen
Mitteln gefuehrt haben, mit Einsperren, mit Boykott, mit Konfiskation, mit
Bahnhofsverboten usw.
Katholische und protestantische Geistliche gingen in die Buchhaendlerlaeden,
verlangten Entfernung des "Simplicissimus" aus den Schaufenstern oder
wollten den Vertrieb verbieten; Ministern, Polizeipraesidenten,
Staatsanwaelten, sogar Richtern kam es nicht darauf an, gesetzliche
Bestimmungen zu umgehen oder zu verletzen, um das gehasste, zum mindesten
fuer verderblich gehaltene Witzblatt zu unterdruecken oder zu schaedigen.
Ich sah in der stets in Superlativen schwelgenden Entruestung den Beweis
dafuer, wie aus Phrasen sehr bald verlogene Empfindungen werden, und wie
sie gesundes Denken und Selbstsicherheit vernichten.
Es war ein Krankheitsprozess.
Das deutsche Volk hat in seiner gelassenen Art immer Selbstkritik geuebt
und ertragen, damals aber versuchten die Uebereifrigen es zur gereizten
Empfindlichkeit aufzustacheln.
Einrichtungen, deren Nutzen und Wert kein vernuenftiger Mensch bestritt,
wurden gemeinsam mit Missbraeuchen als heiligste Gueter fuer unantastbar
erklaert, ganze Staende waren erhaben ueber Kritik und noch erhabener ueber
den Witz.
Von Umsturzgedanken und fanatischen Theorien war im Kreise der jungen
lebensfrohen Kuenstler nichts zu finden, aber auch nichts von aengstlicher
Zurueckhaltung, wenn es galt, einem Unfug oder einer Anmassung
entgegenzutreten.
Der Satire bot sich damals ein besonderes Angriffsziel in einer Bewegung,
die angeblich auf Hebung der Sittlichkeit gerichtet war.
Man erklaerte das deutsche Volk fuer im sittlichen Niedergange begriffen,
donnerte ueber koerperliche und moralische Verderbnis und sah vor lauter
germanischen Idealen die Tatsache nicht, dass diese heranwachsende Jugend
ernster, strebsamer, tuechtiger war als die einer frueheren Zeit, dass sie
sich von
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