ten im Anwaltstalar gesessen hatte.
Nach einer Stuttgarter Verhandlung, in der die Rede war von Ludwig Pfau,
vom Rechte der politischen Satire und von ihren Aufgaben, vom Kampfe fuer
die Freiheit der Meinungen, war die Begruendung des Freispruches noch nicht
beendet, als ein junger Landstreicher hereingefuehrt wurde und meinen Platz
einnahm.
Haussmann sah mich laechelnd an, das Publikum kicherte, und ich dachte an
den Wandel des Schicksals.
Meine Erlebnisse im Gerichtssaale liegen nach der Zeit, von der ich
erzaehle.
Vom Herbste 1902 ab war ich wieder eifriger in der Redaktion des
"Simplicissimus" taetig.
Obwohl ich als Anfaenger mit dem Erfolge der "Lokalbahn" zufrieden sein
konnte, fuehlte ich keinen Drang in mir, festen Fuss auf der Buehne zu
fassen. Erst sechs Jahre spaeter versuchte ich es wieder mit der "Moral".
Ich kam bis zum Herbste 1904, wo ich meinen "Andreas Voest" begann,
ueberhaupt nicht zu groesseren Arbeiten, schrieb kleinere Erzaehlungen, die
Erlebnisse eines Lausbuben, spaeter den "Heiligen Hies".
Der Tod der alten Viktor wirkte lange auf mich nach, um so mehr, als er
fuer mich den Verlust des letzten Stueckes von Heim und Haeuslichkeit
bedeutet hatte.
Ich war nicht gerne allein und suchte Zerstreuung, ging auch mehr in
Gesellschaft als frueher.
Gerne schloss ich mich an _Ludwig Ganghofer_ an; eigentlich war es
sonderbar, dass wir uns nicht frueher gefunden hatten, denn schon von
Grossvaters Zeiten her hatte es zwischen unsern Familien Beziehungen
gegeben, und beide Schriftsteller, beide Jaeger, beide aus sehr aehnlicher
Umgebung stammend, haetten wir uns in Wien sicherlich sofort, in Berlin
bald einander genaehert. In Muenchen lebt aber jeder auf seiner Insel.
Er lud mich in sein Jagdhaus Hubertus ein, wo ich schoene Wochen verbrachte
und wo mir Umgebung und Leben alte Kindererinnerungen an weltverlorene
Bergtaeler wachriefen.
Im Fruehjahr 1903 machte ich mit _Wilke_ und _Thoeny_ eine Radtour ueber
Mailand, Genua, die Riviera entlang, dann zurueck ueber Pisa nach Florenz,
wo wir etwa sechs Wochen blieben. Ich bin die folgenden elf Jahre bis zum
Ausbruche des Krieges in jedem Fruehling nach Italien gereist, habe manche
Freude dort gefunden, aber nie mehr habe ich sie mit der sorglosen
Froehlichkeit ausgenossen wie bei jenem ersten Male.
[Illustration: Thoma und Ganghofer]
Von der Riviera allerdings war ich nicht in dem ueblichen Masse entzueckt;
das schoenste war
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