FREE BOOKS

Author's List




PREV.   NEXT  
|<   130   131   132   133   134   135   136   137   138   139   140   141   142   143   144   145   146   147   148   149   150   151   152   153   154  
155   156   157   158   159   >>  
lassen. Das Theaterwesen in Wien war, wie ich damals und spaeter bemerken konnte, recht verschieden von dem Berlinischen. Das Ausleihen der Schauspieler, das Starsystem, das Setzen auf Saisonschlager und Serienspiel gab es nicht; um illustre Direktoren und Regietalente kuemmerte man sich weniger als um die Kuenstler, von denen jeder bekanntere eine grosse Gemeinde hatte. Die hoechste Verehrung genoss neben Girardi mit Recht der alte _Baumeister_ am Burgtheater, der mich als Richter von Zalamea verstehen lehrte, wie hoch die feine, diskrete Schauspielkunst einer frueheren Zeit gestanden hatte. _Schlenther_, einst Bahnbrecher der Moderne und strenger Kritiker, Ostpreusse und gar nicht auf Wien zugeschnitten, war als Burgtheater-Direktor in einer falschen Lage, was ihm auch haeufig von den Zeitungen bestaetigt wurde. Die einst nachdruecklich betonten Prinzipien und Lehrsaetze konnte er nicht verwirklichen; kaum etwas von dem, was er verlangt hatte, konnte er selbst erfuellen. Zwischen Untunlichkeiten und Ruecksichten war er eingeklemmt. Dabei musste er die Empfindung haben, dass er Usurpator war oder Platzhalter. Denn der richtige, echte Burgtheater-Direktor sass in Hamburg, Herr von _Berger_, und es war bloss eine Frage der Zeit, wann er seinen Einzug halten und den falschen Waldemar entthronen wuerde. Ich glaube, dass Schlenther herzlich froh war, als er wieder als P. S. mit Strenge seines Amtes walten und als Kritiker den Direktoren zeigen konnte, was der Direktor den Kritikern nicht hatte zeigen duerfen. Damals aber musste er immer wieder die duestere Frage anhoeren, was er mit dem Geiste des alten Burgtheaters angefangen habe. Er hat ihn wirklich nicht verscheucht, allerdings er hat ihn auch nicht herzitiert. Der Gute blieb verschwunden; irgendwas im neuen Wien missfiel ihm so, dass er nicht mehr darin umgehen mochte. Vielleicht hat ihn das neue Haus vertrieben, vielleicht der Operettenbloedsinn; jedenfalls, er kam nicht wieder, und auch an die Nachfolger Schlenthers, den echten Thronerben nicht ausgenommen, musste die peinliche Frage gestellt werden. Wien war fuer uns Sueddeutsche noch immer die Hauptstadt geblieben, der Sitz der Freude, des Reichtums, des Wohllebens, das Ziel der Wuensche. Auch meine Phantasie hatte die Stadt mit Reizen geschmueckt, und oft hatte ich mich hingetraeumt, wenn ich als Rechtspraktikant auf dem Traunsteiner Bahnhof stand und in den eleganten Kupees Reisende auf schwe
PREV.   NEXT  
|<   130   131   132   133   134   135   136   137   138   139   140   141   142   143   144   145   146   147   148   149   150   151   152   153   154  
155   156   157   158   159   >>  



Top keywords:

konnte

 

Direktor

 
musste
 
Burgtheater
 

wieder

 
zeigen
 

Kritiker

 
Direktoren
 

falschen

 

Schlenther


missfiel
 

verschwunden

 

herzlich

 

irgendwas

 

herzitiert

 

duestere

 

anhoeren

 

walten

 

Kritikern

 

duerfen


glaube
 

Damals

 
Geiste
 

Strenge

 

wirklich

 
verscheucht
 

Burgtheaters

 

angefangen

 

seines

 

allerdings


jedenfalls

 

Wuensche

 

Phantasie

 

Wohllebens

 

geblieben

 
Freude
 

Reichtums

 

Reizen

 

geschmueckt

 

eleganten


Kupees

 

Reisende

 

Bahnhof

 

Traunsteiner

 

hingetraeumt

 
Rechtspraktikant
 
Hauptstadt
 

vielleicht

 
vertrieben
 

Operettenbloedsinn