erhielten.
Am Stammtisch im "Herzl", wo ich einen Kreis alter und neuer Freunde
gefunden hatte, verkehrte der Vertreter der "Augsburger Abendzeitung"
_Joseph Ritter_.
Er fand Gefallen an meiner Art, ueber allerhand Dinge zu urteilen, und
forderte mich auf, ganz so wie ich redete, auch einmal zu schreiben und es
ihm fuer seine Zeitung zu geben.
Ich versuchte mich in Plaudereien ueber Zustaende, die ich kannte, und die
Artikel erschienen zu meiner grossen Genugtuung in der "Abendzeitung". Der
Redaktion sagten sie zu, und damit war eine Verbindung hergestellt, die
fuer mich wichtig wurde.
In Freundeskreisen machten zuweilen Gedichte von mir die Runde, die,
meistens im Dialekt, bald derb, bald hanebuechen lustig waren, und von
denen mir das eine und andere nach langen Jahren wieder unterkam, wenn es
jemand vortrug.
So waren sie ungedruckt erhalten geblieben, und ihren Vater kannte nur
ich, der ich schweigend zuhoerte.
Die literarische Bewegung, die damals in Deutschland einsetzte, erregte
mein lebhaftes Interesse.
Von Hauptmann hatte ich "Vor Sonnenaufgang" und "Einsame Menschen"
gelesen, von Sudermann "Die Ehre" gesehen. "Vor Sonnenaufgang" packte mich
stark, gegen "Die Ehre" lehnte ich mich auf; und ich erregte Widerspruch,
wenn ich etwas schroff erklaerte, der Graf Trast sei eine ausgestopfte
Marlittfigur; die hausbackenen Halbwahrheiten, die er deklamiere, seien
unertraeglicher als ganze Dummheiten.
Den staerksten Eindruck machte Fontanes "Jenny Treibel" auf mich; in dieser
abgeklaerten, laechelnden Schilderung sah ich, was Goethe als das
Reizvollste und Wichtigste hervorhebt, die Persoenlichkeit, und zwar eine
recht ueberlegene und sympathische zugleich. "Jenny Treibel" ist mir ein
Lieblingsbuch geblieben, auch deswegen, weil es mich zuerst und auf die
angenehmste Art lehrte, wie nur eine souveraene Darstellung wirklichen
Lebens wertvoll sei, und wie langweilig und gleichgueltig sich daneben
Stimmungen und Gefuehle ausnehmen.
Je weiter wir uns von jener Zeit entfernen, und je mehr und Groesseres sich
zwischen sie und uns stellt, desto klarer sehen wir, dass in der scheinbar
so leicht hingeworfenen Schilderung mehr Kulturgeschichte steckt als in
gelehrten Werken.
Darum werden solche Buecher fuer spaeter Lebende noch erhoehten Wert haben,
wenn man laengst nichts mehr weiss und wissen will von den tiefen Gedanken
und Schmerzen eines Aestheten.
Von Berlin her klangen damals Namen, die einen aufhorc
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