ler Bodenstaendigkeit findet.
Dagegen sicher nicht mehr die schmackhafte Spezialitaet der guten Dinge,
die klug verteilt hier im Derberen, dort im Feineren zu finden war.
Aber die schoenste Entwicklung hat der brave Herr Postsekretaer nicht mehr
erlebt; er sah nur die Anfaenge dazu und starb noch, bevor man zwischen
Marmorsaeulen unter ueberladenen Stuckdecken eine Tasse Kaffee trank und
sich einbilden konnte, in einem Bahnhofe oder in einem Tempel zu hocken.
Das blieb dem eingefleischten Altmuenchner erspart.
Wenn Maibock ausgeschenkt wurde, nahm er mich zuweilen mit, und da konnte
es geschehen, dass er in eine bedenkliche Froehlichkeit geriet und beim
Heimweg den Hut sehr schief aufsetzte.
Bei einem dieser Fruehschoppen zeigte er mir einmal einen alten Herrn, der
aussah wie ein Oberfoerster aus der Jachenau oder vom Koenigssee.
"Das ist der Kobell", sagte mein Onkel. "Und jetzt hast amal an bayrischen
Dichter g'sehn." Ich bewunderte ihn von weitem, und ich weiss nicht, was
mich mehr freute, dass ich den beruehmten Mann sah oder dass er so
berglerisch und jaegermaessig ausschaute. Hermann Lingg und der Olympier
Heyse wurden mir auf der Strasse gezeigt.
Auch den alten Doellinger habe ich mehrmals gesehen, und Tante Minna, mit
der ich ging, gab mir von ihm und seinem Wirken eine Schilderung, die sich
in Persoenliches verlor und geschichtlich nicht unanfechtbar war.
Von den bayrischen Staatsmaennern kannte ich von Angesicht zu Angesicht die
Herren von Lutz und Faeustle.
Es laesst sich denken, was der Herr Postsekretaer dem Erfinder des
Kanzelparagraphen nachmurmelte; ueber Faeustle wurde milder geurteilt. Dass
er Europens uebertuenchte Hoeflichkeit nicht kannte und als Gelegenheitsjaeger
mehr Eifer als Talent verriet, wurde aber doch festgestellt.
Den Doktor Johann Baptist Sigl, der damals im Zenit seines Rufes stand und
seine lebhaftesten Artikel schrieb, konnte man oft genug sehen.
Es war von ihm mehr die Rede als von irgendeinem sueddeutschen Publizisten
oder Politiker, und die schmueckenden Beinamen, die er Personen und Dingen
beilegte, fuegten sich dem Muenchner Wortschatz ein.
Ereignisse, die die Meinung lebhaft erregten, gab es nicht; mit Murren
ueber die Neuordnung der Dinge, die auch schon das erste Jahrzehnt hinter
sich hatte, mit Murren ueber den Koenig und seine Bauten wurde so ziemlich
der Bedarf an Kritik gedeckt.
Es war eine stille Zeit; auch in literarischen und kuenstlerischen Din
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