schwache Eisschollen. Fand das
Floss auch auf dem See keine besonderen Schwierigkeiten, so drohte sich das
doch zwischen den Ufern der Angara misslicher zu gestalten, wenn sich die
Schollen dort in dem engeren Fahrwasser anhaeuften.
Alle Umstaende draengten also darauf hin, dass die Fluechtlinge baldmoeglichst
abreisten.
Um acht Uhr Abends loeste man die Seile und von der Stroemung gefuehrt folgte
das Floss dem Ufer des Sees. Einige lange, von mehreren Mujiks regierte
Stangen reichten hin, dasselbe in bestimmter Richtung zu halten.
Ein alter Schiffer vom Baikal hatte das Commando uebernommen. Es war ein
Mann von sechzig Jahren, mit Wetter gebraeuntem Gesicht. Ein dichter weisser
Bart fiel auf seine Brust herab. Eine Pelzmuetze trug er auf dem Kopfe und
zeigte im Ganzen ein ernstes und strenges Aussehen. Der lange, durch einen
Guertel zusammengehaltene Ueberrock reichte ihm bis zu den Fuessen.
Schweigend sass er auf dem Hintertheile und ertheilte seine Weisungen durch
Gesten, ohne binnen zehn Stunden zehn Worte zu sprechen. Uebrigens
reducirten sich die ganzen Schiffsmanoeuvres darauf, das Floss in der
Stroemung zu erhalten, welche dem Ufer folgte, und es an einer Abweichung
nach der offenen See zu hindern.
Wir erwaehnten schon, dass Russen der verschiedensten Art auf dem Flosse
Platz gefunden hatten. Neben Landleuten aus der Umgegend, einer Anzahl
Maenner, Frauen und Kinder, fanden sich zwei oder drei von dem feindlichen
Einfalle auf der Reise ueberraschte Pilger, einige Moenche und ein Pope. Die
Pilger trugen den Reisestab, die Kuerbisflasche im Guertel und sangen mit
klagender Stimme Psalmen. Der Eine kam aus der Ukraine, der Andere vom
Todten Meere, ein Dritter aus den finnischen Provinzen. Der letztere, ein
schon bejahrter Mann, trug am Guertel eine kleine Sammelbuechse mit
Vorlegeschloss, wie man sie an den Eingaengen der Kirchen trifft. Alles, was
er auf seiner langen und anstrengenden Reise einsammelte, gehoerte nicht
ihm, und er besass nicht einmal den Schluessel zu der Buechse, welche erst
bei seiner Rueckkehr geoeffnet werden sollte.
Die Moenche kamen aus dem hohen Norden. Vor drei Monaten schon hatten sie
die Stadt Archangel verlassen, von der manche Reisende berichten, dass sie
einen auffallend orientalischen Typus habe. Sie hatten die heiligen Inseln
nahe der Kueste Kareliens besucht, den Convent von Solowetsk, den von
Troitsa, die des heiligen Antonius und des heiligen Theodosius in Kiew,
der Lieb
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