Arme und kuesste ihre Haende und versprach, so
sanft zu werden, so sanft, wie ein grosser, stiller See! Frau Roxana
laechelte und meinte, die Sanftmut werde kommen, wenn sie einmal
Frau[19.1] sei.
"Aber ich will keine Frau werden, ich will immer ein Maedchen bleiben und
frei, frei, wie ein Vogel!"
Frau Roxana seufzte ganz leise und horchte auf die Stimmen ihrer Soehne,
die eben heimkamen und zuerst nach Rolanda fragten, die sie hatten[19.2]
von fern heranlaufen sehen.
* * * * *
Es[19.3] war eine merkwuerdige Wandlung in dem Benehmen der Brueder, seit
der Stunde, dass Rolanda bei ihnen war. Sie hatten sie als ihre kleine
Schwester begruesst, worauf das junge Maedchen ploetzlich schuechtern und
befangen ward. Sie gingen von nun an viel mehr hinaus, als frueher, aber
nicht mehr mit einander, sondern auf getrennten Wegen, und Rolanda blieb
viel bei der Mutter, war zerstreut und traeumerisch und weinte heimliche
Thraenen. Wenn sie sich unbemerkt glaubte, sah sie oft von einem Bruder
zum andern und wieder zurueck, als wollte sie etwas entdecken, das ihr
dunkel geblieben. Noch jetzt verwechselte sie die beiden oft, dann
lachte sie aber nicht, sondern blickte aengstlich zur Mutter hinueber.
Frau Roxana sah mit Betruebnis, wie eine duestere Wolke ueber ihrem Hause
sich zusammenzog, und weinte noch viel heimlicher als Rolanda, seitdem
jeder ihrer Soehne einzeln ihr in der Daemmerstunde seine grosse,
unendliche, unbezwingbare Liebe gebeichtet und hinzugefuegt hatte:
"Glaubst Du, mein Bruder liebt sie auch? Er ist so veraendert! Und wem
von uns wird ihr Herz sich zuneigen?" --
Frau Roxana trug manche Kerze ins Bergkirchlein zu Lespes[20.1] und
hoffte durch die muehsame Wallfahrt den Himmel guenstig zu stimmen, dass
nicht ein grosses Unglueck ueber sie hereinbreche.[20.2]
Rolanda war in der letzten Zeit in unbeschreiblicher Aufregung; denn an
dem naemlichen Tage hatten Mirea und Andrei, ohne von einander zu wissen,
jeder ihr seine Liebe gestanden, und das arme Maedchen erforschte
vergebens ihr Herz; sie hatte eben beide lieb, viel zu lieb, um einen
ungluecklich zu machen; sie konnte sie[20.3] auch in ihrem Herzen nicht
von einander trennen, so wenig wie mit den Augen. Sie wolle Frau Roxana
nichts sagen, um ihr nicht wehe zu thun, und sah, wie die Brueder
sich[20.4] nicht mehr mochten[20.5] und sogar scharfe Worte wechselten,
was sonst nie geschehen.
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