durchs Gestein, und die sonst so maechtigen Wasser fluesterten kaum noch
dahin, wo sie sonst rauschten und brausten.
"Lieber Gott!" betete die Fuerstin. "Lass doch[52.1] eine kleine Wolke
erscheinen, wenn ich den Fluss gefunden, der mir helfen soll!" Aber es
kam keine Wolke. Sie wanderte zum zweiten Mal den Argesch[52.2] hinauf
und wollte[52.3] eben traurig umkehren, als sie die Muendung eines
kleinen Baches gewahrte, auf die sie vorher nicht geachtet. Zoegernd
lenkte sie ihre Schritte dahin, mit immer[52.4] schwererem Herzen, je
kleiner und unbedeutender der Bach ihr erschien.
Von den Steinen,[52.5] auf denen sie ging, ermattet, blieb sie einen
Augenblick stehen und seufzte: "Ich finde nichts, gar nichts! Und
vielleicht verhungern und sterben unterdes meine Kinder! Vielleicht war
mein Gedanke thoericht, ein Hirngespinst, eine Luege!" Wie[52.6] sie so
sprach, war[52.7] es ihr, als fiele ein Schatten ueber sie. Sie dachte,
es seien die Thraenen, die ihre grossen, mueden Augen zum ersten Male
fuellten. Sie wischte sie fort; nein es war ein Schatten in der baumlosen
Heide, und wie sie die Augen erhob, hatte sich die Sonne hinter eine
ganz kleinen Wolke versteckt, die langsam groesser wurde.
Irina begann zu zittern vor freudigem Schreck. Hatte Gott sie gehoert,
oder war es wieder ein Irrtum? "Lieber Gott!" betete sie, "wenn dies der
Fluss ist, so lass die Wolke groesser werden und Regen fallen; denn schon
der Regen ist Segen und hilft aus vieler Not!" Sie ging immer ein wenig
weiter; ja, die Wolke wurde groesser; sie ging schneller, ja, sie lief,
bis sie vor Schwaeche nicht mehr konnte;[53.1] da begannen einige grosse
schwere Tropfen zu fallen. Sie sog sie[53.2] mit den Lippen auf, mit den
Augen, mit Haenden und Haaren.
Da rauschte und rieselte es[53.3] ganz leise um sie her, und mit einem
Mal brach ein wahrer Wolkenbruch los. Sie ging, so gut sie konnte, im
nassen Lehm, im Flussbett, bis der Fluss zu schwellen begann und in
braunen, schaumigen Massen angerauscht[53.4] kam, wie ein breiter Fluss.
Sie musste manchmal stehen bleiben und ihren Pfad suchen, ging aber immer
fort aus Furcht, der Regen moechte wieder aufhoeren. Es regnete den[53.5]
ganzen Tag und die ganze Nacht. Die Fuerstin war so nass, dass es[53.6] wie
ein Bach aus ihren Kleidern floss. Sie wand sie[53.7] aus, schuerzte sie
und ging weiter noch einen Tag und noch eine Nacht. Sie war schon im
Gebirge und fiel oft hin vor Erschoepfung. Endlich blieb sie am
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