wurde; die uebermaessige Einwirkung
des Sonnenlichts hatte indessen keine nachtheiligen Folgen fuer uns. In
Guayra fuerchtet man die Insolation und ihren Einfluss auf die
Gehirnfunktionen ungemein, besonders zu einer Zeit, wo das gelbe Fieber
sich zu zeigen anfaengt. Ich stand eines Tages auf dem Dache unseres
Hauses, um den Mittagspunkt und den Unterschied zwischen dem
Thermometerstand in der Sonne und im Schatten zu beobachten, da kam hinter
mir ein Mann gelaufen und wollte mir einen Trank aufdraengen, den er fertig
in der Hand trug. Es war ein Arzt, der mich von seinem Fenster aus seit
einer halben Stunde in blossem Kopf hatte in der Sonne stehen sehen. Er
versicherte mich, da ich ein hoher Nordlaender sey, muesse ich nach der
Unvorsichtigkeit, die ich eben begangen, unfehlbar noch diesen Abend einen
Anfall vom gelben Fieber bekommen, wenn ich kein Praeservativ nehme. Diese
Prophezeihung, so ernstlich sie gemeint war, beunruhigte mich nicht, da
ich mich laengst fuer acclimatisirt hielt; wie konnte ich aber eine
Zumuthung ablehnen, die aus so herzlicher Theilnahme entsprang? Ich
verschluckte den Trank, und der Arzt mag mich zu den Kranken geschrieben
haben, denen er im Laufe des Jahres das Leben gerettet.
Nachdem wir Lage und Luftbeschaffenheit von Guayra beschrieben, verlassen
wir die Kueste des antillischen Meers, um sie bis zu unserer Rueckkehr von
den Missionen am Orinoco so gut wie nicht wieder zu sehen. Der Weg aus dem
Hafen nach Caracas, der Hauptstadt einer Statthalterei von 900,000
Einwohnern, gleicht, wie schon oben bemerkt, den Paessen in den Alpen, dem
Weg ueber den St. Gotthard oder den grossen St. Bernhard. Vor meiner Ankunft
in der Provinz Venezuela war derselbe nie bemessen worden, und man hatte
nicht einmal eine bestimmte Vorstellung davon, wie hoch das Thal von
Caracas liegen moege. Man hatte laengst bemerkt, dass es von der Cumbre und
las Vueltas, dem hoechsten Punkt der Strasse, nach Pastora am Eingang des
Thals von Caracas nicht so weit hinab geht, als zum Hafen von Guayra; da
aber der Avila eine bedeutende Gebirgsmasse ist, so sieht man die zu
vergleichenden Punkte nicht zumal. Auch nach dem Klima des Thals von
Caracas kann man sich von der Hoehe desselben unmoeglich einen richtigen
Begriff machen. Die Luft daselbst wird durch niedergehende Luftstroeme
abgekuehlt, sowie einen grossen Theil des Jahrs hindurch durch die Nebel,
welche den hohen Gipfel der Silla einhuellen. Ich habe den Weg von Guayra
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