willens schien, sich an einem blassen, armselig gekleideten Weibe zu
vergreifen. Eben erhielt die schluchzende Frau einen Fausthieb, da stand
der Fuerst auch schon mitten im Knaeuel und sein Begleiter draengte
kraftvoll die Leute zurueck. Scharf befahl Wolf Dietrich augenblickliche
Ruhe, Zornesroete bedeckte seine Wangen, und die Adern schwollen sichtbar
an. "Wer erfrecht sich bei Hof solcher Auffuehrung? Was soll der Laerm in
meinem fuerstlichen Hause? Was will das Weib zu spaeter Stunde?"
Vor Schreck und Ueberraschung verstummte die Dienerschaft, niemand fand
ein Wort der Erwiderung, doch das arme Weib that einen Kniefall vor dem
Fuersten und bat um Barmherzigkeit in hoechster Not.
"Man hat in Bittangelegenheiten die festgesetzte Audienzstunde
einzuhalten! Gen Mitternacht wird nicht gebettelt!" grollte der Fuerst.
"Gnaediger Herr! Uebet Barmherzigkeit! Bis Taganbruch kann ich nimmer
warten, derweil stirbt mir der Mann!"
In Wolf Dietrichs Herz regte sich das Mitgefuehl, weichen Tones fragte er
nach dem Begehr des armen Weibes.
"Euer Gnaden Leibmedikus haett' ich gern gebeten um Hilfe, etzliches aus
der fuerstlichen Kuchel...."
"Ist jemand schwer krank bei dir?"
"Ja, gnaediger Herr, der Mann und zwei Kinder!"
"Und mein Medikus, was ist's mit ihm? Ist er nicht mitgegangen?"
Einer der Lakaien erkannte die guenstige Gelegenheit, alle Schuld am
ueblen Auftritt bequem auf die Schultern des Leibarztes schieben zu
koennen, und erstattete Bericht, dass der Medikus es abgelehnt habe, in
spaeter Nachtstunde den Berg hinaufzuklettern bis zum Haeuschen des armen
Weibes, wasmassen der Medikus nur fuer den Fuersten da sei, nicht fuer das
gemeine Volk.
Wolf Dietrich befahl schneidend scharfen Tones, es solle der Medikus
augenblicklich geweckt, dem Weibe Wein und Atzung in einem Korbe
verabreicht werden. Und einer ploetzlichen Gefuehlsregung folgend, wandte
sich der junge Fuerst zum Kaemmerer: "Du besorgst, was ich dir befohlen.
Alphons bringt den Medikus und Dienerschaft mit der Spende fuer die Armen
nach. Ich werde selbst inspizieren. Lichttraeger voraus!"
Der Kaemmerer wagte zu sagen: "Hochfuerstliche Gnaden! Es ist spaet, und
schlecht der Weg hinan zum Berg!"
"Besorge, was ich befohlen! Hilfe zu bringen, ist eine der schoensten
Aufgaben eines Fuersten. Schicke mir den Medikus nach, mach' ihm flinke
Beine!"
Auf Befehl musste das Weib mit dem Vorlaeufer vorausgehen, der Armen
schwindelte ob der jaehen Wend
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