dem grossen Revier; selten stand einer gegen einen, und so
war rasche Selbsthilfe beinahe notwendig.
Wie unbeugsam die Leute waren, mag die Tatsache beweisen, dass der Halsen
Toni, der bei der Flossfahrt wie durch ein Wunder gerettet worden war, bald
darauf wieder ins Revier ging und etliche Jahre spaeter doch erschossen
wurde.
Seinem Bruder Blasi hat man uebrigens in Lenggries nicht nachgetrauert,
denn er war als gewalttaetiger Mensch gefuerchtet.
Meinem Vater aber rechnete man es hoch an, dass er die Verwundeten
freundlich behandelt und mit Imbiss gestaerkt hatte, bevor er sie auf einem
mit Betten belegten Leiterwagen nach Toelz fahren liess.
Der "Dammei" hat es nicht unterlassen, diese Guttat in seinem Liede
hervorzuheben.
An derartige Geschehnisse habe ich kaum eine andere Erinnerung, als dass
ich auch spaeter noch unsere Jaeger wie sagenhafte Helden bewunderte und ihr
Tun und Wesen anstaunte.
Doch steht mir noch lebhaft im Gedaechtnis, dass einmal an meinem Namenstag
ein Wilderer gefangen eingebracht wurde; er sass im Hausfloez und liess mich,
als ich neugierig vor ihm stand, von der Mass Bier trinken, die man ihm
gegeben hatte. Vielleicht bin ich dadurch zutraulicher geworden,
jedenfalls schenkte er mir die geweihte Muenze, die er an einer Schnur um
den Hals trug.
Er hatte sie vermutlich von den Franziskanern in der Hinter-Riss erhalten.
In diesem zutiefst ins Karwendelgebirge eingebetteten tirolischen Kloster
versahen die Herren Patres ihr Amt noch in einer Art, die von jedem
Zeitgeist unberuehrt geblieben war.
Der Bauer und der Hirte bewarben sich dort um einen wirksamen Viehsegen,
um Schutz gegen Gefahr im Stall und auf den Almen, die Weiber kamen um
Amulette, die sie vor haeuslichen Unfaellen und Krankheiten bewahren oder
Gebresten heilen sollten; wo immer eine Bedraengnis des Lebens sich
einstellte, suchte das Volk Rat und Hilfe bei den Juengern des heiligen
Franziskus.
Ihr unleugbares Verdienst, in dieser Einsamkeit, losgeloest von allen
Freuden der Welt, ohne Scheu vor Beschwerden die Werke der Naechstenliebe
zu pflegen, wird jeder gerne anerkennen.
Und etwas Ruehrendes hat es, eine Bevoelkerung zu sehen, die in urzeitlichen
Zustaenden, abgeschieden von den Hilfsmitteln, die moderne Einrichtungen
gewaehren, lebt und nur des einen Beistandes sicher ist, dem auch die
Voreltern herzlich vertrauten.
So mag man es gelten lassen, dass auch der fromme Wildbretschuetze sich in
der Hinter-
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