Entschlossenheit zurueck zu geben.
"Ich werde der treue Hund des Blinden sein!" sagte sie sich.
Als Iwan Ogareff sich entfernte, suchte Nadia sich im Dunkel zu verbergen.
Sie wartete gelassen, bis die Menge sich vom Plateau verlief. Verlassen,
wie ein elendes Geschoepf, das man nicht weiter zu fuerchten hatte, war
Michael Strogoff allein gelassen worden. Sie sah, wie er sich zu seiner
Mutter hin tastete, sich ueber sie beugte, ihre Stirn voll heisser Liebe
kuesste und dann zu entfliehen suchte ...
Einige Minuten spaeter verliessen Beide Hand in Hand den Abhang des Huegels,
folgten bis zum Ende der Stadt den Ufern des Tom und gelangten unbemerkt
durch eine Oeffnung des Umfassungswalles.
Nur die eine Strasse nach Irkutsk verlief dort in oestlicher Richtung. Nadia
fuehrte Michael Strogoff moeglichst schnell mit sich fort, in der Besorgniss,
es moechten die Plaenkler des Emirs nach Schluss der thierischen Orgie, die
sie jetzt feierten, wieder ausschwaermen und jeden Weg verlegen. Ihr galt
es also, Jenen zuvor zu kommen, und Krasnojarsk, das uebrigens 500 Werst
von Tomsk entfernt liegt, eher als sie zu erreichen. Sich seitwaerts von
der Strasse zu wagen, das hiess dem Ungewissen, Unbekannten, wahrscheinlich
aber dem drohenden Verderben entgegen zu gehen.
Wie Nadia die Anstrengungen der Nacht vom 16. zum 17. August zu ertragen
vermochte; woher sie die Kraefte nahm, eine so lange Tagereise auszuhalten;
wie ihre von dem anstrengenden Marsche der vorhergehenden Tage noch
blutenden Fuesse sie bis dahin tragen konnten, - wohl ist das kaum
begreiflich. Aber trotzdem erreichte sie am naechsten Tage, zwoelf Stunden
nach dem Aufbruch aus Tomsk, mit Michael Strogoff den Flecken Semilowskoe,
- nach einem Wege von fuenfzig Werst Laenge.
Michael Strogoff hatte noch keine Silbe gesprochen. Nicht Nadia hielt
seine Hand, sondern er schloss sich die ganze Nacht ueber an die seiner
Begleiterin; aber Dank dieser treuen Hand, die ihn, wenn auch leise
zitternd, leitete, war er gewohnten schnellen Schrittes gegangen.
Semilowskoe erwies sich fast vollstaendig verlassen. Aus Furcht vor den
Tartaren waren die Einwohner nach der Provinz Yeniseisk entflohen, und nur
zwei oder drei Haeuser bewohnt geblieben. Allen Reichthum der Stadt an
nuetzlichen und werthvollen Gegenstaenden hatte man auf Karren fort
geschafft.
Dennoch konnte Nadia nicht umhin, hier einige Stunden Halt zu machen.
Beide bedurften nothwendig der Nahrung und der Ruhe.
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