-- Warten wir bis morgen, erwiderte Michael Strogoff.
-- Du hast Recht, bestaetigte Nicolaus. Wir muessen den Jenisei passiren und
dazu sehen koennen.
-- Sehen koennen!" murmelte Nadia mit einem Gedanken an ihren blinden
Gefaehrten.
Nicolaus hatte doch ihre Bemerkung gehoert und wendete sich an Michael
Strogoff.
"Verzeihe, Vaeterchen, sagte er. Ach, Nacht und Tag, das ist fuer Dich ja
gleichgiltig!
-- Mache Dir keine Vorwuerfe, Freund, beruhigte ihn Michael Strogoff und
strich dabei mit der Hand ueber seine Augen. Mit Dir als Fuehrer kann ich
auch noch etwas nuetzen. Ruhe jetzt einige Stunden aus. Auch Nadia mag sich
durch den Schlummer staerken. Morgen wird es ja wieder Tag."
Michael Strogoff, Nadia und Nicolaus hatten nicht lange zu suchen, um eine
Ruhestaette zu finden. Das erste Haus, dessen Thuere sie oeffneten, war ja
ebenso leer, wie alle die anderen. Nur einige Haufen Laubwerk fanden sich
darin vor. In Ermangelung besseren Futters musste das Pferd sich mit diesem
begnuegen. Von dem noch nicht erschoepften Proviant aus der Kibitka erhielt
jeder seinen Theil. Nachdem sie dann vor einem bescheidenen, an der Wand
haengenden Bilde der Panaghia, welches das letzte Flaemmchen einer Lampe
beleuchtete, ihre Knie gebeugt, schliefen Nicolaus und das junge Maedchen
bald ein, waehrend Michael Strogoff, den der Schlaf noch floh, neben ihnen
wachte.
Am folgenden Tage, dem 26. August, fuhr die wieder angeschirrte Kibitka
durch den Birkenpark nach dem Ufer des Jenisei.
Michael Strogoff war sehr besorgt. Auf welche Weise sollte der Fluss
ueberschritten werden, wenn man, wie anzunehmen war, alle Boote und Faehren
zerstoert hatte, um das Vordringen der Tartaren zu verzoegern? Er kannte den
Jenisei, den er schon manchmal passirte, sehr gut, ebenso die
betraechtliche Breite desselben, wie die heftigen Stromschnellen zwischen
den Inseln in seinem Bette. Unter gewoehnlichen Verhaeltnissen verlangt die
Ueberschreitung des Jenisei mittels besonderer fuer den Transport von
Reisenden, Wagen und Pferden eingerichteter Faehren eine Zeit von drei
Stunden, und dabei erreichen diese Faehrboote das rechte Ufer nur unter dem
Aufwande der groessten Anstrengungen. Wie sollte nun, beim Mangel jedes
Transportmittels, die Kibitka von einem Ufer zum andern gelangen?
"Und ich muss doch hinueber kommen!" sagte sich Michael Strogoff wiederholt.
Der Tag begann zu grauen, als die Kibitka an einer dort auslaufenden Allee
des Parkes das
|